Banken: IKB:Der große Ausverkauf

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Flohmarkt-Atmosphäre in der Finanzwelt: Bei den deutschen Banken beginnt erst jetzt das große Aufräumen. Doch die Institute sind bestenfalls stabilisiert - mehr nicht.

Martin Hesse

In der deutschen Bankbranche geht es derzeit zu wie auf dem Flohmarkt. "Gut gesäuberte, attraktive Bank abzugeben", so etwa preist jetzt der Finanzinvestor die Mittelstandsbank IKB an. Mit ähnlichen Attributen wirbt Friedrich Merz im Auftrag der WestLB-Eigentümer um Käufer für die Düsseldorfer Landesbank. Die Deutsche Bank will die BHF Bank loswerden, und in den nächsten Jahren müssen auch die BayernLB, die Commerzbank-Tochter Eurohypo und die HSH Nordbank den Eigentümer wechseln. Selbst die Hypo Real Estate soll einst wieder privatisiert werden. Die Liste erinnert schmerzvoll daran, welche Verwüstungen die Finanzkrise im deutschen Bankensektor angerichtet hat.

Der Finanzinvestor Lone Star möchte die IKB verkaufen - doch wer greift zu? (Foto: dpa)

Die Verkaufsprozesse werden aber auch zeigen, dass es heute wenig besser um die Finanzbranche bestellt ist als vor drei Jahren. Die Kreditinstitute, die feilgeboten werden, sind bestenfalls stabilisiert, bei manchen ist noch nicht einmal das gesichert. Man muss schon sehr optimistisch sein, um daran zu glauben, dass IKB, BayernLB und Co. über Jahre Gewinne erwirtschaften können. Die Banken sind entweder zu klein, wie die IKB, oder haben kein ausgereiftes Geschäftsmodell, wie die WestLB. Manchen mangelt es sowohl an Größe als auch an einer guten Strategie. Zudem haben die Flohmarkt-Banken alle ein Imageproblem: Die möglichen Käufer vermuten schwerwiegende Mängel. Wer weiß schon, ob die in der Krise offenbarten Fehler gründlich repariert oder nur notdürftig kaschiert wurden.

An Zukäufe ist nicht zu denken

Die Schwäche der Banken, die im Angebot sind, ist die eine Seite. Man könnte das abhaken und sich freuen, dass die maroden Häuser nun von zittrigen in starke Hände übergehen und Aussicht auf eine erfolgreichere Zukunft haben. Nur gibt es diese starken Hände in Deutschland kaum. Die Deutsche Bank, das einzige deutsche Kreditinstitut von internationaler Bedeutung, hat ihren Hunger mit dem Kauf der Privatbank Sal. Oppenheim und der Postbank gestillt. Die Commerzbank ist zwar jetzt so groß, wie sie immer sein wollte, aber schwach. Außerdem muss sie auf Geheiß der EU schrumpfen und Kapital ranschaffen, an Zukäufe ist nicht zu denken. Auch die Landesbanken und der Sparkassensektor sind mit sich selbst beschäftigt, bestenfalls finden sie endlich einen Weg, aus acht Landesbanken zwei oder drei zu machen.

Die Finger verbrannt

Im Inland gibt es also kaum Käufer für deutsche Banken. Der Weg an die Börse steht den Finanzfirmen ebenfalls nicht offen. Die Lust der Aktionäre auf Bankaktien ist überschaubar. Außerdem werden sie in den kommenden Jahren mehr als genug Anteile von Banken angeboten bekommen, die ihr Kapital stärken müssen. Einst interessierten sich Finanzinvestoren für deutsche Kreditinstitute. Doch sie treten meist wie Lone Star nur als Zwischenhändler auf, wenn sie glauben, ein Schnäppchen machen zu können. Andere, wie Christopher Flowers bei der HRE, haben sich so gründlich die Finger verbrannt, dass sie vom hiesigen Bankenmarkt erst einmal Abstand halten werden.

Die Anbieter auf dem Bankenflohmarkt dürften also vor allem auf starke ausländische Finanzkonzerne hoffen, wie HSBC, Santander oder BNP Paribas. Denn mit einem starken Pfund können die Deutschen wuchern: So schwach ihre Banken sind, so stark sind die Unternehmen des Landes, vom Mittelstand bis zur Großindustrie. Die deutsche Finanzwirtschaft hat es in den vergangenen 20 Jahren nicht verstanden, daraus Kapital zu schlagen.

Es ist allerdings nicht gesagt, dass dies ausländischen Anbietern gelingt. Auch sie kämpfen mit dem Problem, dass der deutsche Bankenmarkt überbesetzt ist, zu viele Anbieter machen sich gegenseitig die Preise kaputt. Egal wer die neuen Herren in den deutschen Banken sein werden, sie werden versuchen, die Kosten zu drücken. Für die Mitarbeiter wird es ungemütlich. Und auf manch ein Kreditinstitut wartet womöglich doch eines Tages die Abwicklung.

© SZ vom 14.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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