Aus Furcht vor steigenden Preisen:EZB hält die Zinsen hoch

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Die Europäische Zentralbank hat Hoffnungen auf eine Zinssenkung zunichte gemacht. Beim Treffen der Währungshüter wurden sogar trotz der Finanzkrise Zinserhöhungen diskutiert.

H. Einecke, M. Kläsgen und G. Zitzelsberger

Das Führungsgremium der Europäischen Zentralbank beließ die Leitzinsen bei seinem Treffen am Donnerstag in Frankfurt bei 4,0 Prozent. Dagegen verringerte die Bank von England ihre Leitzinsen von 5,75 Prozent auf 5,5 Prozent. Beides entsprach den Erwartungen. Zu diesen Leitzinsen leihen sich die Banken Geld bei der Zentralbank; sie geben Zinsänderungen an ihre Kunden weiter.

Der Präsident der EZB gibt die Richtung für die Zinsen vor: Jean-Claude Trichet auf der Pressekonferenz nach der EZB-Ratssitzung. (Foto: Foto: ddp)

Nach Angaben von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet wurden jedoch auch höhere Leitzinsen diskutiert. Mehrere Mitglieder des EZB-Rats hätten sich für höhere Zinsen ausgesprochen, weil die Preise schneller steigen als erwünscht.

Sollte sich daran in nächster Zeit nichts ändern, sei die EZB bereit zum Handeln. Angesichts der Unsicherheit an den Finanzmärkten sei es derzeit jedoch besser, die Zinsen unverändert zu lassen.

Die Hoffnungen vieler Volkswirte, die EZB könne dem Beispiel der Notenbanken in den USA und England folgen und bald die Zinsen senken, machte Trichet damit zunichte. Niedrigere Zinsen, also billigeres Geld, machen es den Banken leichter, die Auswirkungen der Kreditkrise zu schultern. Zugleich erhöhen Zinssenkungen aber die Inflationsgefahr.

Es gebe wegen der gestiegenen Preise bei Öl und Nahrungsmitteln einen großen Druck auf die Kosten der Lebenshaltung, sagte Trichet. Bereits im November erreichte die Inflationsrate im Euroraum drei Prozent. Die EZB zielt auf einen Anstieg der Verbraucherpreise von knapp zwei Prozent. Ihre Volkswirte sagen für das kommende Jahr eine Inflationsrate von zwei bis drei Prozent voraus.

Trichet bezeichnete es als seine zentrale Botschaft, dass es keine sogenannten Zweitrunden-Effekte geben dürfe. Darunter ist zu verstehen, dass wegen der bereits vorhandenen Inflation die Gewerkschaften die Löhne nach oben treiben und somit die Preissteigerung weiter anheizen.

Ihre Wachstumsprognose für den Euroraum im kommenden Jahr senkten die EZB-Volkswirte leicht auf 1,5 bis 2,5 Prozent. Auch das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen senkte seine Vorhersage. Die Experten erwarten 2008 in Deutschland nur noch 1,7 Prozent Wirtschaftswachstum.

Bisher waren sie von 2,3 Prozent ausgegangen. Ein Grund für die niedrigere Schätzung sei die Stärke des Euro, teilten die Forscher mit. Der hohe Eurokurs verteuert die Ausfuhren deutscher Unternehmen. Im Oktober stieg der Auftragseingang der deutschen Industrie aber unerwartet stark. Gegenüber September gingen vier Prozent mehr Bestellungen ein. Der Wert der Order aus dem Ausland legte sogar um fünf Prozent zu.

Wie das RWI geht auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris davon aus, dass Deutschlands Wirtschaft 2008 eine Schwächephase durchmachen wird. Der Höhepunkt des Booms sei überschritten, der Aufschwung bleibe aber "intakt", schreibt die Organisation in ihrem Ausblick, der am Donnerstag vorgestellt wurde. Deutschland werde 2,5 Prozent in diesem Jahr wachsen, 2,1 Prozent 2008 und 1,6 Prozent 2009.

"Die nächsten Wochen werden noch einmal ganz schwierig werden"

Wegen der Unwägbarkeiten der Immobilien- und Finanzkrise forderte OECD-Chefökonom Jörgen Elmeskov die Europäische Zentralbank auf, den Leitzins die kommenden zwei Jahre nicht anzutasten. Die Weltwirtschaft werde aber trotz der Krise und hoher Rohstoffpreise auf Wachstumskurs bleiben. Die Wirtschaftsleistung der USA werde wegen der Hypothekenkrise 2008 langsamer wachsen. In Europa werden der Studie zufolge vor allem die Immobilienmärkte in Großbritannien, Irland, Spanien, Griechenland und Frankreich schrumpfen.

Der Vorstandschef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, ist mit Blick auf die Finanzkrise pessimistischer. "Die nächsten Wochen werden noch einmal ganz schwierig werden", sagte Ackermann bei einem Vortrag an der Universität Zürich. Bereits in den vergangenen Wochen sei die Nervosität an die Märkte zurückgekehrt.

Einer der Gründe sei, dass nicht alle Banken Quartalsabschlüsse machen. Damit stünden viele Geldhäuser erst zum Jahresende vor dem Problem, dass sie ihre Engagements am US-Markt bewerten und entsprechende Abschreibungen vornehmen müssen. Der Manager lobte die schnelle Reaktion der Notenbanken auf die Krise, kritisierte aber gleichzeitig die Aufsichtsbehörden der Banken.

© SZ vom 7.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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