Alles was Recht ist:Nanine Linning

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Die Choreographin arbeitet für "Duo" erstmals mit dem Bayerischen Staatsballett. Sie findet die Rolle der Salome besonders spannend.

Wann ist Ihnen zuletzt Unrecht widerfahren?

Ich kann es, ehrlich gesagt, nicht genau sagen, weil meine Wahrnehmung nicht über diesen Filter funktioniert. Meistens schaffe ich es, in schwierigen Momenten den Fehler nicht im Außen zu suchen und der Situation trotzdem etwas Positives abzugewinnen.

Wann haben Sie jemandem Unrecht getan?

Wahrscheinlich tue ich das jeden Tag durch viele scheinbar "normale" Handlungen und Konsumvorgänge, zum Beispiel dadurch, dass ich wegen meines Jobs viel fliege und hin und wieder auch um Plastik nicht herumkomme. In gewisser Weise habe ich Teil an der Stabilisierung und Verschärfung eines größeren Unrechts oder Ungleichgewichts, das globale Auswirkungen hat und uns leider alle betrifft.

Sind Zeitungs-Kritiker prinzipiell ungerecht?

Was heißt "gerecht" in diesem Zusammenhang? Es allen recht zu machen, ist unmöglich und sollte auch nicht das Ziel sein. Ich glaube allerdings an Fairness und Respekt in diesem Business - die Art und Weise, wie man sich einem Kunstwerk nähert und sich darüber äußert.

Welches Recht erwirbt der Zuschauer mit dem Kauf einer Eintrittskarte?

Einzutauchen in die Vision, die der Künstler oder die Künstlerin geöffnet hat.

Denken Sie, die Zukunft beschert uns eine gerechtere Welt?

Ich glaube, dass die Frage nach Gerechtigkeit, die ja ganz stark mit unserem Verständnis von Moral und der Beschaffenheit unseres Wertesystems zusammenhängt, durch aktuelle Tendenzen wie beispielsweise Bioengineering fast unlösbar komplex wird. Es braucht dann mehr als Gesetze, die uns Orientierung geben. Intuition als innerer Kompass wird dabei sicherlich immer wichtiger werden. Und natürlich die ständige Konfrontation mit Kunst, ein lebendiges und waches kulturelles Umfeld.

Glauben Sie an eine höhere Gerechtigkeit?

Ich glaube an Energie und Karma, aber auch an die große Verantwortung jedes Einzelnen in dieser ganz konkreten Welt, und an die tägliche Entscheidung, das Tier in uns zu sehen und trotzdem ein Mensch zu sein.

Welche Rolle passt besser zu Ihnen - Sheriff oder Indianer; Salome oder Desdemona?

Salome - weil sie etwas Paradoxes und Komplexes vereint, was meiner Meinung nach das Menschsein ausmacht.

Nanine Linning ist die Choreographin von "Duo". Die Uraufführung ist in der Reithalle zu sehen, am 12. und 13. Juli, jeweils um 20 Uhr, und am 14. Juli, um 18 Uhr

© SZ vom 19.06.2019 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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