US-Kleinanzeigenportal unter Druck:Craigslist sperrt Rotlicht-Bezirk - für immer

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Die Vorwürfe wiegen schwer: Die Erotik-Kategorie der erfolgreichen Kleinanzeigenseite Craigslist soll zur Plattform für Menschenhändler geworden sein. Nun zieht das Unternehmen die Notbremse.

Noch im vergangenen Jahr benannte die erfolgreiche US-Kleinanzeigenplattform seine Erotiksparte in "Erwachsenendienste" um - doch der neue Name hat nichts genutzt: Nachdem das Portal die Kategorie Anfang September auf Druck von Politikern und Staatsanwälten bereits auf Eis gelegt hatte, wird es nun nach eigenen Angaben den Dienst in den USA künftig nicht mehr anbieten. Für andere Länder gilt diese Regelung allerdings nicht.

Craigslist-Gründer Craig Newmark (Archivbild von 2006): Geschätzte 45 Millionen Dollar Einnahmen durch Erotik-Sparte. (Foto: AFP)

Für Kritiker war die Kategorie vor allem ein Marktplatz für Prostituierte und Zuhälter, zudem gibt es Vorwürfe, dass sie ein Forum für Menschenhändler biete. Nachdem zahlreiche Menschenrechtsgruppen Craigslist zur Schließung der Rubrik aufgefordert hatten, schlossen sich im August auch die Generalstaatsanwälte von 17 US-Bundesstaaten dieser Forderung an.

Craigslist, das mit mehr als drei Milliarden Seitenaufrufen pro Monat das größte Kleinanzeigenportal der Welt ist, soll Schätzungen zufolge mit den kostenpflichtigen Erotik-Anzeigen etwa 45 Millionen Dollar jährlich verdienen. Das Unternehmen hatte die Schließung zunächst nur widerwillig vorgenommen und auf die ehemalige Stelle der Rubrik eine Grafik mit dem Worten "Zensiert" platziert.

In einer Anhörung vor dem Rechtsausschuss des US-Repräsentantenhauses wehrten sich Unternehmensvertreter gegen den Vorwurf, von Menschenhandel und illegaler Prostitution zu profitieren. "Craigslist ist unter den vielen Kleinanzeigenportalen mit Erotikinhalten praktisch alleine wenn es darum geht, gegen die Ausnutzung von Kindern vorzugehen", sagte Craiglist-Justiziar William Clinton Powell, "wer sexuelle Dienstleistungen anbieten möchte, wird künftig einfach eine andere Seite nutzen." Statistiken zufolge hat seit der Abschaltung die Reichweite von Konkurrenzportalen mit Erotikanzeigen tatsächlich zugenommen.

Die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation hatte dem Unternehmen bescheinigt, sich im Rahmen der Gesetze zu bewegen, da es für die Inhalte der Anzeigen nicht verantwortlich sei und bei Hinweisen auf illegale Angebote diese prüfe.

Die Craiglist-Entscheidung wurde genau an dem Tag bekannt, an dem die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen einen Mann eingestellt hat, der in den Boulevard-Medien als "Craiglist-Killer" tituliert wurde.

Der 23-Jährige war verdächtigt worden, im Jahre 2009 in Boston eine Masseuse erschossen zu haben, die er über Craiglist kontaktiert hatte. Der Fall wird nicht weiter verfolgt, weil der Student sich vor einigen Wochen in seiner Gefängniszelle das Leben nahm.

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