Umstrittenes Gesetz:Australien rückt von Zensurplänen ab

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Die australische Regierung legt ein Gesetz auf Eis, dass Internet-Anbieter zur Sperrung von etwa 10.000 Webseiten gezwungen hätte. Doch vom Tisch ist die Idee damit noch nicht.

Stephen Conroy macht den Salto rückwärts: Der australische Kommunikationsminister war es, der 2008 den Cybersafety Plan vorstellte, ein Gesetz, das australische Internetprovider dazu verpflichtet, ab 2011 ein System zum Sperren von Internetseiten einzurichten. Nun hat Conroy angekündigt, seinen Gesetzesvorschlag vorerst zurückzuziehen, um ihn zu überarbeiten.

Australiens Kommunikationsminister Stephen Conroy musste seinen Plan zur Internetsicherheit vorerst zurückziehen. (Foto: ag.afp)

Damit beugt sich der Politiker der sozialdemokratischen Labor Party dem Druck der Öffentlichkeit. Dem Gesetz nach hätten Internetanbieter neben Bildern von Kindesmissbrauch oder sexueller Gewalt auch Inhalte wie Anleitungen zum Drogenkonsum oder zu Straftaten filtern müssen. Eine staatliche Behörde hätte darüber entschieden, welche Seiten die Provider vor den australischen Nutzern verstecken müssen.

Zahnarzt fand sich auf der Liste

Die weite Auslegung der zu sperrenden Inhalte sowie die fehlende Transparenz bei den Kriterien führte zu heftiger Kritik von Nutzern, Bürgerrechtsorganisationen und Internet-Anbietern. Ein im März 2009 auf Wikileaks veröffentlichtes internes Dokument zeigte, dass sich auf der Sperrliste der Behörde Inhalte fanden, die nicht gegen Gesetze und das Recht auf freie Meinungsäußerung verstießen.

Unter den blockierten Seiten waren Wikipedia-Einträge, Euthanasie-Seiten, reguläre Porno-Angebote oder auch christliche Internetpräsenzen. Sogar die Homepage eines Zahnarztes aus Queensland fand ihren Weg auf die Liste, die aus insgesamt mehr als 10.000 Einträgen bestand.

Wie der Sydney Morning Herald berichtet, bedeutet die angekündigte Überarbeitung allerdings nicht das Ende des Cybersafety Plans, der umgerechnet 87 Millionen Euro kosten sollte. Vielmehr werden offenbar einige Änderungen eingearbeitet: So soll künftig ein unabhängiger Experte die Sperrliste einmal im Jahr überprüfen. Die Liste selbst wird künftig von der Behörde angelegt, die auch für die Altersbeschränkungen bei Filmen und Computerspielen verantwortlich ist. Seitenbetreiber sollen das Recht erhalten, gegen die Sperrung Widerspruch einzulegen.

Die Internetbetreiber haben unterdessen vorgeschlagen, kinderpornographisches Material freiwillig zu blockieren, um verpflichtende Lösungen abzuwenden. Eine endgültige Entscheidung über das Gesetz dürfte erst nach der Unterhaus-Wahl im November fallen. Beobachter sehen den Rückzieher der Labor-Regierung deshalb auch als Versuch, der Opposition bei dem Thema möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.

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