Frühe iPhones:Revolution in Originalkarton

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Kurz nach Verkaufsstart des ersten iPhones im Juni 2007. Das begehrte Objekt im Originalkarton. (Foto: AFP)

Die ersten iPhones erzielen heute astronomische Preise. Aber auch abseits des Apple-Hypes kann mit manch altem Computer viel Geld verdient werden.

Von Hakan Tanriverdi und Jan Willmroth

Die finanziell erfolgreichste Frau auf Youtube ist ein Mysterium. Ihre Videos wurden milliardenfach angeguckt, doch von ihr selbst hat man noch nie etwas gesehen - außer ihre schön lackierten Fingernägel. Was also macht diese Frau? Sie packt Kinderspielzeug aus und nimmt das Ganze auf. Die Frau kommentiert die Spielsachen, nichts Extravagantes ist in ihrem Tonfall. Für Außenstehende bleibt also völlig unerklärlich, wieso ihr so viele Menschen zuschauen wollen.

Es sind vor allem Kleinkinder, die fasziniert sind von den Videos - und ihre Eltern, auf der Suche nach Geschenken. "Unboxing"-Videos, unter diesem Schlagwort kennt man diese Sonder-Videoform auf Youtube, sind beliebt und haben sich eine eigene Nische geschaffen. Dominiert wird dieses Genre von Kinderspielzeugen und vor allem von Technikgeräten. Die iPhones von Apple haben eine Sonderrolle, schließlich haben sie den Kult des Besitzens neu definiert.

Kaum wird also ein neues Gerät angekündigt, stehen die Menschen stundenlang Schlange vor den Apple-Läden, holen sich das neueste Modell, laufen nach Hause und schmeißen die Kamera an. Ähnlich wie die Spielzeug-Frau entpacken sie das Smartphone aus der Hülle, kommentieren, wie einfach das ging und wie toll es sich anfühlte. Wenn das Display aufleuchtet, zittern ihre Stimmen meist vor Begeisterung. Als Zuschauer wird man Zeuge eines magischen Moments - zumindest für den Käufer.

Technikbegeisterte mit dem richtigen Riecher

Steve Jobs, der verstorbene Apple-Gründer, wusste sehr gut um diese Magie. 2007, als er das erste Modell des iPhones vorstellte, legte er vor allem Wert auf zwei Sachen: Erstens, zu betonen, wie revolutionär dieses Produkt sein wird und, zweitens, die Präsentation fehlerfrei zu meistern. Das Modell, das er im Januar vorstellte, funktionierte nicht ansatzweise - es sollte ja auch erst in sechs Monaten fertig sein für den Massenmarkt. Doch Jobs wollte das Gerät bereits während dieser Präsentation verkaufen. Also schufteten Ingenieure wochenlang, um die Präsentation in ein Event zu verwandeln. Es klappte - und der Rest ist Geschichte.

Es ist eben jener magische Moment, an den sich die Menschen erinnern - und wie groß die Freude war, das gekaufte iPhone aus der Packung zu reißen und einzuschalten. Genau dieser Moment erklärt auch, warum jene Menschen, die sich damals zurückhalten konnten, heute belohnt werden. Es lässt sich nicht mehr herausfinden, ob es Technikbegeisterte mit dem richtigen Riecher waren, die einfach weitere iPhones gekauft hatten, um später daraus Profit zu schlagen - oder ob mancher angesichts so vieler technischer Geräte den Überblick verloren hatte und sein iPhone nie ausgepackt hatte.

Im Online-Auktionshaus Ebay jedenfalls werden für iPhones der ersten Generation, die immer noch verschweißt sind, Preise ab 10 000 Dollar gezahlt. Gibt es sogar noch ein Originalposter aus der Zeit dazu, handelt es sich also um eine Sonderedition, steigt der Preis auf knapp 24 000 Dollar. Ein Ebay-Verkäufer aus Hamburg bietet derzeit eines der ersten überhaupt produzierten iPhones an. Die Produktionsnummer lasse darauf schließen, dass es noch vor dem Marktstart in den USA im Juni 2007 produziert worden sei: "Das seltenste iPhone auf Ebay", wirbt er, als Bonus legt er einen auf 100 Stück limitierten und von Elton John signierten iPod-Musikspieler dazu. Und will 95 000 Dollar dafür haben.

Seinen Wert als technisches Gerät hatte das erste iPhone schon nach einem guten Jahr verloren, als ein überarbeitetes Modell mit schnellerer Internetverbindung auf den Markt kam. Wer aber ein altes iPhone kauft, erwirbt damit ein Stück Technikgeschichte. Kein anderes Gerät hat die vernetzten Gesellschaften des 21. Jahrhunderts bislang so geprägt wie das Smartphone. Und das iPhone von 2007 steht als Symbol für den Beginn der Revolution, die Steve Jobs damals ausrief. Kaum fünf Jahre später waren die ersten Apple-Telefone schon begehrte Sammlerstücke.

Früher dauerte es länger, bis technische Geräte zu Kultobjekten wurden. Vor wenigen Jahrzehnten, als Computer noch nicht in die Hosentasche, sondern gerade erst auf den Schreibtisch passten und bezahlbar wurden, war die Zahl der Hersteller noch überschaubar. Namen wie Apple, Sun Microsystems oder IBM tauchten zum ersten Mal auf, es wurde viel herumprobiert, wenig ausgereifte Produkte schafften es auf den Markt, um wenige Monate später wieder zu verschwinden.

Gut erhaltene Geräte aus den Siebzigerjahren sind heute wahre Schätze. Der Apple I zum Beispiel, den die Unternehmensgründer Steve Wozniak und Steve Jobs im Jahr 1976 zum ersten Mal präsentierten. Es war ein vergleichsweise kleiner Rechner mit Holzgehäuse und ohne Bildschirm, der erste in Serie hergestellte Personal Computer (PC), damals zu haben für 666,66 Dollar und nach zehn Monaten mangels Nachfrage wieder vom Markt genommen. Ein frühes Exemplar, das jemand mit Beleg von Juli 1976 in Steve Jobs' Garage gekauft hatte, erzielte beim New Yorker Auktionshaus Christie's im vergangenen Dezember 365 000 Dollar. Knapp zwei Monate zuvor bezahlte ein Museum 905 000 Dollar für ein vergleichbares Stück.

Klar, solche Preise sind erst durch den Apple-Hype der vergangenen Jahre möglich geworden. Es müssen aber nicht gleich sechsstellige Beträge sein - wer sich in der Geschichte des Computers auf seinem Weg von Universitäten bis in die Hosen- und Handtaschen umsieht, entdeckt so einige Raritäten, die heute hohen Sammlerwert haben. Dazu gehören Geräte des Herstellers Commodore, der 1994 in die Insolvenz ging und dem weltweit noch eine große Fangemeinde nachhängt. Geräte wie der C64, der zwar mehr als 30 Millionen Mal verkauft wurde, von dem es aber immer weniger noch funktionsfähige Exemplare gibt.

Nostalgie und Klassiker

Wie bei allen Nostalgie-Objekten gilt auch bei Computer-Klassikern: Es werden keine neuen gebaut, und so schrumpft mit den Jahren das Angebot. Das macht den Kauf gut erhaltener Ataris, VC-20, Altair 8800 oder auch sehr alter IBM-Rechner interessant. Erst kürzlich wurde ein Commodore 65, ein Nachfolger des C64, der Anfang der Neunzigerjahre das Unternehmen retten sollte, aber nie in Serie auf den Markt kam, für umgerechnet 5720 Euro bei Ebay verkauft. In dieser Preiskategorie finden sich viele Stücke der erst so kurzen Geschichte des Heimcomputers. Wichtig ist immer, dass die Geräte noch funktionieren.

Nun steht der nächste Schritt bevor, und wieder schauen alle auf Apple. Vom 24. April an soll ein neues Produkt verkauft werden. Es ist das erste, das unter Tim Cook als Firmenchef völlig neu auf den Markt kommt: die Apple-Watch. Auch sie wurde bereits vor Monaten der Öffentlichkeit präsentiert, auch sie soll - so die Vorstellung ihrer Erfinder - eine Technik-Revolution werden, den Computer nun endlich auch ans Handgelenk binden. Noch ist offen, ob das zu einem Massenphänomen wird, und wer von den vielen Smartwatch-Anbietern im Rennen bleibt.

Nur eins ist schon sicher: Wer eine der ersten Apple-Watches ergattert, sollte sich gut überlegen, ob er sie direkt auspackt - oder doch lieber gleich im Schrank versteckt. Das gilt vermutlich vor allem für die mehr als 10 000 Dollar teure Version in Gold.

© SZ vom 09.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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