Ralph Henry Baer:Erfinder der Spielkonsole gestorben

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Anfang der Siebziger wusste niemand, für was eine Spielkonsole gut sein sollte. Ralph Henry Baer glaubte dennoch an den Erfolg eines solchen Geräts. Nun ist der visionäre Techniker gestorben.

Von Johannes Boie

Es gibt einen Ort in Washington DC, in dem die amerikanische Seele verwahrt wird. Im National Museum of American History entsteht sie aus Tausenden Exponaten, aus Gegenständen von Abraham Lincoln, Waffen aus dem Vietnamkrieg, dem Geschirr der Präsidenten, den Boxhandschuhen von Muhammad Ali und aus jener zerfetzten amerikanischen Flagge, von der die Nationalhymne handelt. Einen kleinen Stein dieses historisch-kulturellen Mosaiks bilden auch drei unscheinbare braune Kästen mit verschiedenen Drehknöpfen und Schaltern. Das ist die Erfindung von Ralph Henry Baer, es ist ein Prototyp der ersten kommerziellen Spielekonsole der Welt.

Bis Baer sie Ende der Sechziger entwickelte, musste er viele Hürden überwinden. Der Erfinder kam 1922 in Deutschland zu Welt, aber als Jude wurde er mit 14 Jahren gezwungen, die Schule zu verlassen. Seine Familie begriff die Zeichen der Zeit und verließ Deutschland rechtzeitig. So wurde aus dem jungen Pfälzer Rudolf Heinrich der Amerikaner Ralph Henry, der prompt das Böse im Zweiten Weltkrieg zu bekämpfen half.

Seine Erfindung hingegen musste einige Hürden nehmen: Die Militärfirma, für die der studierte Fernsehtechniker schließlich arbeitete, hatte keinerlei Interesse. Niemand wusste damals, was eine Spielkonsole überhaupt sein könnte. Der Prototyp wird deshalb bis heute als "Brown Box" bezeichnet.

Weder Arbeitsspeicher noch Prozessor

Auch Baers verkäufliche Variante der Idee, die unter dem Namen Magnavox Odyssey die erste kommerzielle Konsole der Welt wurde, ist aus heutiger Sicht eher erstaunlich: Sie zauberte Punkte oder Linien auf den Fernsehbildschirm, der für die meisten Spiele noch mit einem transparenten Aufsatz in ein Spielfeld verwandelt werden musste. Das Gerät hatte weder Arbeitsspeicher noch einen Prozessor. Doch 350 000 Kunden griffen zu und bezahlten 100 Dollar. Baer hatte mit seiner Idee Recht behalten.

Im Jahr 2006 erhielt der Erfinder aus der Hand des amerikanischen Präsidenten George Bush die National Medal of Technology, die höchste amerikanische Auszeichnung im Bereich der Technik. Baer starb am vergangenen Samstag im Alter von 92 Jahren in seinem Zuhause in Manchester, New Hampshire.

© SZ vom 09.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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