Plattenkonzerne und Baidu einigen sich:Wie die Musikindustrie chinesische Piraten umarmt

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Die größte chinesische Suchmaschine Baidu war bisher eher dafür bekannt, schwarzkopierte Songs zu finden. Um der Piraterie Herr zu werden, kooperieren Sony, Warner und Universal jetzt mit Baidu: User können nun einfach umsonst Musik hören.

Bastian Brinkmann

Bislang galt Baidu, die größte chinesische Suchmaschine, als sicherer Hafen für Musikliebhaber, die nicht unbedingt die Songs legal erwerben wollen. Kurz den Interpreten eingegeben, plus simple Stichworte wie "mp3" und "Download" - schon findet Baidu die gewünschten Lieder. Suchmaschinen wie Bing und Google filtern solche Treffer, im Gegensatz zu Baidu: Die US-Musikindustrie beklagt, dass bis zu 75 Prozent aller illegalen Musik-Downloads in China über Baidu laufen.

Das Layout von Baidu erinnert an Google. (Foto: REUTERS)

Das soll nun ein Ende haben. Baidu hat sich mit großen Labels geeinigt und kann bald jede Menge Lieder ganz legal anbieten. Rund 500 000 Songs sollen der New York Times zufolge als Stream zur Verfügung stehen. Beim Streaming wird die Musik nicht direkt auf den PC geladen, sondern läuft wie Videos bei Youtube im Browser. Ein Internetzugang ist also beim Musikhören Voraussetzung. Später soll auch eine Download-Funktion dazukommen: Gegen eine feste Gebühr können User dann so viele Songs herunterladen, wie sie möchten.

Mit den Musiklabels lieferte sich Baidu lange juristische Auseinandersetzungen. Chinesische Gerichte standen bisher auf der Seite Baidus, weil die Suchmaschine die illegalen Dateien nur verlinke, aber nicht selbst anbiete.

Doch Sony, Warner und Universal, die in China als Joint-Venture zusammenarbeiten, haben sich nun mit Baidu geeinigt. Die Suchmaschine wird den Rechteeigentümern für jedes Abspielen und jeden Download eine kleine Summe überweisen. Details dazu sind noch nicht bekannt. Finanzieren will Baidu das neue Angebot namens Ting über Anzeigen, die im Umfeld des Musik-Dienstes zu sehen sind. Übersteigen die Werbe-Einnahmen einen gewissen Betrag, werden die Labels beteiligt.

Die Musikindustrie will sich mit dem Abkommen einen Markt erschließen, auf dem sie bislang wenig Erfolg hatte. Den Zahlen des US-Verbands der Musikindustrie zufolge verdienten die Unternehmen 2010 in China nur 64 Millionen Dollar, vor allem mit Digitalangeboten. In den Vereinigten Staaten selbst waren es 4,2 Milliarden Dollar. Zwar hat China mehr Internetnutzer als die USA Einwohner: etwa 450 Millionen zu 310 Millionen. Doch während es in den USA jede Menge legaler Anbieter gibt, sieht der amerikanische Tonträgerverband in China schwarz: Satte 99 Prozent der dortigen Musikanbieter seien illegal, schätzen die Unternehmensvertreter.

Baidu eifert mit dem neuen Schritt dem Weltmarktführer der Suchmaschinen nach: Google. Eine gewisse Ähnlichkeit zum Design des US-Konzern wird der Suchmaske und der Ergebnisseite Baidus schon länger nachgesagt. Baidu hat außerdem diese Woche einen eigenen Internetbrowser vorgestellt. Optisch erinnert er sehr dem Browser Chrome, den Google entwickelt hat. Und erst im Mai hatte Google einen eigenen Musik-Dienst vorgestellt: Music Beta. Die Nutzer können ihre Musiksammlung hochladen und sie dann am Rechner oder auf dem Smartphone hören.

In Deutschland bleiben die Boxen aber in jedem Falle stumm. Auf Youtube sind viele Musik-Videos blockiert, weil die deutsche Verwertungsgesellschaft Gema und Youtube sich nicht einigen können. Googles Dienst ist sowieso nur in den USA verfügbar. Und auch wer Baidus Streaming nutzen will, bekommt nur eine Fehlermeldung.

Linktipp: Die Bloggerin Bird Abroad wohnt in der chinesischen Provinz Yunnan. In ihrer Stadt haben gleich mehrere Apple-Läden aufgemacht - offenbar kopierte Läden, die kopierte Mac-Produkte verkaufen. Sie hat die Shops besucht und fotografiert. Die Kopie der Apple-Stores gelingt fast perfekt: Nur ein Laden bewirbt sich als "Apple Stoer".

© SZ vom 21.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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