Die Amerikaner haben sich für ein Netz entschieden, in dem niemand dafür zahlen darf, dass Daten schneller oder langsamer befördert werden. Für deutsche Netzaktivisten und Befürworter strikter Netzneutralität ist die amerikanische Regelung ein Traum. Endlich kommt da mal jemand, und dann auch noch von öffentlicher Seite, und zeigt den Netzanbietern mit Macht ihre Grenzen auf. In Europa und in Deutschland ist dieses Szenario dagegen weit entfernt, die Debatte um Netzneutralität wird hier noch lange weitergehen. Entschieden ist nichts.
Dabei hat der Streit schon ein paar Zwischenstationen hinter sich. Alles begann mit einem großen Paket von Vorschlägen, das die EU-Kommission bereits vor mehr als einem Jahr geschnürt hatte. Sie möchte den gesamten Telekommunikationsmarkt regulieren. Es geht also genauso um das Roaming zwischen Handys in verschiedenen Ländern wie um die Netzneutralität.
Ein ganz besonderer Streitpunkt
Das Parlament hat den Vorschlag der Kommission im April 2014 gebilligt, allerdings mit vielen Änderungen. Der EU-Rat hat dieses Paket nun in kleine Päckchen umgepackt. Dabei hat sich die Netzneutralität als ganz besonderer Streitpunkt zwischen den Mitgliedstaaten herauskristallisiert. Einwände kamen zunächst von der italienischen Regierung, auf deren Kritik wiederum andere Mitgliedstaaten reagierten, darunter auch Deutschland.
Im Moment zeichnet sich eine Lösung ab, die von Aktivisten für einen freien Netzzugang scharf kritisiert wird. Sie sind der Meinung, dass die Idee, über die in Brüssel diskutiert wird, den Telekommunikationsunternehmen viel zu viele Möglichkeiten eröffnet, die Netzneutralität zu verletzen. Tatsächlich ist das Dokument aus dem Rat extrem vage formuliert und lässt viel Raum für Interpretationen.
Würde es zum Gesetz, könnten Unternehmen wie die Telekom von Konzernen wie Google oder Netflix, die besonders viele Daten durchs Netz schicken, extra Geld verlangen. Auch im Vorschlag der deutschen Bundesregierung heißt es deutlich: "Anbietern von Kommunikationsdiensten und Anbietern von Inhalten steht es frei, Endnutzern Spezialdienste anzubieten." Damit wäre die Netzneutralität, wie sie die Amerikaner gerade festlegen, dahin.