Mobile Internetnutzung:Roaming-Gebühren sollen stärker sinken

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Das Europäische Parlament prescht voran: Von Juli an soll das Surfen mit dem Handy im EU-Ausland nur noch 50 Cent je Megabyte kosten. Der Vorschlag geht weiter als die von der EU-Kommission vorgesehene Obergrenze - und schließt eine Lücke, die für die Mobilfunkanbieter bislang äußerst lukrativ war.

Sophie Crocoll

Das Europäische Parlament will die Preise für das Surfen mit dem Handy im EU-Ausland noch stärker senken. Von Juli an sollen die Gebühren höchstens 50 Cent für jedes Megabyte an Daten betragen, ein Jahr später sollen sie auf 30 Cent sinken.

Wer das Smartphone im europäischen Ausland nutzt, zahlt für die Datenübertragung viel Geld. Nun will die EU die Preise senken. (Foto: Reuters)

Ab Mitte 2014 soll ein Megabyte im EU-Ausland dann nur noch maximal 20 Cent kosten. So steht es in einem vorläufigen Dokument der EU-Abgeordneten Angelika Niebler (CSU), das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Niebler ist für die neue Roaming-Verordnung der Europäischen Union zuständig. Roaming bedeutet, dass sich ein Handy im Ausland in ein fremdes Netz einwählt. Laut einer Sprecherin Nieblers haben sich die Fraktionen des Parlaments auf den Vorschlag geeinigt. Er soll eine Verordnung ablösen, die in diesem Jahr ausläuft. Die Abstimmung ist für den 28. Februar vorgesehen.

Damit will das Parlament noch niedrigere Gebühren durchsetzen als die Europäische Kommission. Sie hatte zuletzt gefordert, dass es ab Juli nur noch höchstens 90 Cent pro Megabyte kosten soll, mit dem Smartphone im EU-Ausland zu surfen, 2013 dann 70, ab 2014 noch 50 Cent. Auch bei Telefon-Tarifen hatte das Parlament die Kommission zuletzt unterboten: Der Binnenmarktausschuss fordert, dass Anrufe aus dem Ausland nach Hause in zwei Jahren nur noch elf Cent pro Minute kosten. Die EU-Kommission sieht eine Gebühr von 24 Cent vor.

Bislang nur Obergrenze

Schon im vergangenen Juli hatte die EU die Tarife per Verordnung gesenkt. Dabei ging es allerdings nur um Telefonate und SMS-Nachrichten. Ein Anruf vom Handy nach Hause darf maximal 42 Cent pro Minute kosten, ein Gespräch, das man im EU-Ausland annimmt, höchstens 13 Cent pro Minute. So viel darf ein Anbieter auch für eine SMS verlangen.

Für die Datenübertragung beim Surfen mit dem Smartphone gibt es dagegen bislang keine festen Gebühren, sondern lediglich eine Obergrenze: Erreicht ein Nutzer einen Betrag von etwa 50 Euro, erhält er eine SMS, die ihn warnen soll, bei Kosten von 60 Euro müssen Anbieter die Übertragung unterbrechen und dürfen sie erst wieder freischalten, wenn der Kunde bestätigt, dass er das Internet weiter nutzen - und noch mehr Geld ausgeben - will.

Wer sich im Urlaub von seinem Smartphone den Weg anzeigen lässt oder seine Emails checkt, zahlt dafür oft einen hohen Preis. Manche Betreiber verlangen bis zu zwölf Euro pro Megabyte Datenmenge, im Schnitt sind es etwa 2,60 Euro je Megabyte. Verschickt ein Nutzer Urlaubsfotos nach Hause, steigt die Rechnung also schnell. Verbraucherschützer empfehlen deshalb, im Urlaub das Handy auszuschalten, damit es sich nicht automatisch immer wieder ins Internet einwählt.

Schlupfloch für Mobilfunkanbieter

Es ist gut für die Verbraucher, wenn die Kosten für die Internetnutzung weiter gesenkt und an das inländische Niveau angepasst werden", sagt Friederike Wagner von der Verbraucherzentrale Sachsen. Sie rät Urlaubern, sich genau zu überlegen, wie sie das Handy im Ausland nutzen.

Denn ein Schlupfloch gibt es für Mobilfunkanbieter, den von der EU verordneten Tarif zu umgehen: Sie können ihren Kunden im Vertrag andere Gebühren anbieten, die heißen oft "EU-" oder "Auslandsoption". Wählt ein Kunde diesen Tarif, bezahlt er, was der Anbieter festlegt. Je nach Angebot können solche Gebühren aber auch günstiger sein, beispielsweise für Geschäftsleute, die im Ausland viel telefonieren und surfen - und daher eine Flatrate für ein bestimmtes Land wählen.

Was Verbraucher freut, ärgert die Mobilfunkbetreiber. "Da werden den Anbietern Umsätze im Milliardenbereich entzogen", sagt ein Sprecher der Telekom. Gleichzeitig fordere die EU von den Betreibern, bis zu 300 Milliarden Euro in Breitbandverbindungen zu investieren. Diesen Widerspruch müsse die EU lösen.

© SZ vom 10.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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