Microsoft Windows 7:Zum Erfolg verdammt

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Ein Vierteljahrhundert nach der ersten Windows-Version hängt Microsoft immer noch am Kerngeschäft. Auch aus diesem Grund muss das neue Windows gelingen.

Thorsten Riedl

Kind zu sein ist mitunter anstrengend. Zum Beispiel, wenn der Vater Bill Gates oder Steve Ballmer heißt. Der Gründer von Microsoft und sein Nachfolger als Chef des weltweit größten Softwarehauses haben zwar Milliarden Dollar auf ihren Konten - aber die Sprösslinge stehen nur betreten in der Ecke, wenn die Kameraden auf dem Schulhof mit iPod oder iPhone prahlen.

Im Hause Gates und Ballmer herrscht Verbot für Apple-Produkte. Ballmer sagt, er sei auch stets loyal gegenüber seinem Vater gewesen, und fahre deshalb heute noch Ford, wo sein alter Herr einmal gearbeitet hat. Ein Glück nur für die Kinder von Gates und Ballmer: Die Produkte von Microsoft sind wieder sexy und machen Spaß. Damit ist dem Konzern gelungen, was bisher vorwiegend für Rivalen galt.

Lange war Microsoft unmodern. Programmierer von Windows Vista, so erzählt man sich beispielsweise, sagen nicht einmal in der eigenen Firma, dass sie an dem Betriebssystem mitgearbeitet haben. So schlecht ist der Ruf der Software.

Nun soll alles besser werden: Im Sommer hat Microsoft die Suchmaschine Bing vorgestellt, die ausgesprochen gut ankam; in wenigen Tagen startet der Verkauf des Vista-Nachfolgers Windows 7, bei dem sich die Kritiker mit Lob überschlagen; nächstes Jahr kommt eine Gestensteuerung für die Microsoft-TV-Konsole Xbox, die ihresgleichen sucht.

Die Botschaft ist klar: Wir haben gelernt, jetzt verstehen wir den Kunden. Fraglich bleibt, ob diese Erkenntnis für Microsoft nicht zu spät kommt - und ob es dem Konzern nun gelingen kann, die Abhängigkeit vom Stammgeschäft zu verringern. Es sieht schlecht aus, denn die Konkurrenz in allen Bereichen ist stark wie nie.

Vista war ein Desaster für Microsoft - finanziell und für das öffentliche Ansehen. Dabei ist Microsoft im 34. Jahr des Bestehens so viel mehr als das Betriebssystem Windows: Neben Suchmaschine Bing und Spielekonsole Xbox verkauft das Unternehmen in den USA den MP3-Spieler Zune, dazu weltweit wichtige Software für Unternehmen und Programme für Autos, Fernseher oder Mobiltelefone.

Das Problem: All das bringt vergleichsweise wenig ein. Ein Drittel des Umsatzes kommt aus dem Verkauf von Windows - und die Hälfte des Gewinns. So hängt ein Vierteljahrhundert nach Vorstellung des ersten Windows das Wohl und Wehe des Softwarekonzerns immer noch stark vom Kerngeschäft ab.

Welche Folgen das haben kann, zeigt der Vista-Flop: Im Geschäftsjahr, das Ende Juni abgelaufen ist, hat Microsoft erstmalig in der Unternehmensgeschichte einen Rückgang im Windows-Geschäft verbucht. Microsoft baute Personal ab - auch das ein Novum für den bislang erfolgsverwöhnten Konzern. Dass Vista so schlecht ankam, lag weniger an den privaten Verbrauchern. Die jeweils aktuelle Windows-Version ist auf Rechnern für Private ohnehin ab Werk aufgespielt. Da bleibt keine Wahl.

Die Firmenklientel allerdings versagte Microsoft die Gefolgschaft: Auf vier Fünfteln der Computer in Unternehmen läuft laut Marktforschern noch die Vorgängerversion von Vista - oder sogar eine noch ältere Windows-Software. Eine Revolution.

Eine Reihe von Rivalen stehen bereit, um diese Schwäche zu nutzen: ob Apple, die Programmierer um das freie Betriebssystem Linux oder Google mit einer gänzlich neu entwickelten Software. Die Konkurrenz für Microsoft war nie härter. Trotz Quasimonopols bei einem Marktanteil von rund 95 Prozent bleibt Konzernchef Ballmer also keine andere Wahl, als außerhalb des Windows-Bereichs zu wachsen. Außer Achtungserfolgen hat er jedoch wenig vorzuweisen.

Auch Windows 7 muss deshalb zum Erfolg werden. Es ist das erste Windows in der Ära nach Gates. Der Gründer zog sich im vergangenen Jahr zurück, um sich seiner Stiftung zu widmen. Und es ist das erste Windows, das im Zeitplan liegt. Vista kam Jahre später als geplant.

Alle Zeichen deuten darauf hin, dass Ballmer die Software zur Chefsache gemacht hat - und sein schärfster Kritiker sei der eigene Sohn, sagt er. Der 14-Jährige nutzt schon seit anderthalb Jahren das neue Betriebssystem und berichtet Fehler an den Vater. Kein Kinderspiel.

© SZ vom 19.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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