Linux für den Hausgebrauch:"Auspacken, einstecken und alles läuft"

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Projekt Open PC: Frank Karlitschek tüftelt am Linux-Rechner für Jedermann. Über die Gestaltung des Geräts entscheiden auch die Kunden.

Helmut Martin-Jung

Noch im Herbst 2008 hatten führende Google-Manager abgestritten, dass der Konzern an einem Betriebssystem arbeite, acht Monate später gab die Firma genau diese Nachricht dann doch bekannt. Zusammen mit Computerherstellern will Google ein Betriebssystem auf der Basis von Linux entwickeln, die ersten Geräte soll es von 2010 an geben. Nun zeigt sich: Der Suchmaschinenkonzern ist nicht alleine mit dieser Idee.

Linux ist unter Profis erste Wahl, wenn es darum geht, Webserver zu betreiben; (Foto: Foto: AP)

Der Stuttgarter Linux-Experte Frank Karlitschek, einer der führenden Entwickler der KDE-Oberfläche für Linux, hat ein Projekt namens Open PC ins Leben gerufen. Sein Ziel ist nichts weniger als der Linux-PC für jeden - billig, leise, sparsam.

Aus technischer Sicht gibt es schon lange keinen Grund mehr, kommerzielle Betriebssysteme wie Windows oder MacOS dem frei verfügbaren Linux vorzuziehen. Linux, das von einer weltweiten Gemeinschaft gepflegt und weiterentwickelt wird, ist unter Profis erste Wahl, wenn es darum geht, Webserver zu betreiben; auch Supercomputer nutzen es.

Linux-System lieblos installiert

Doch bei Privatanwendern konnte sich das freie, aber etwas komplizierte System bisher kaum durchsetzen. Die großen PC-Hersteller bieten entweder gar keine Geräte mit Linux an oder aber solche mit veralteten Versionen. Manchmal ist das Linux-System auch so lieblos installiert, dass es eher als Feigenblatt für den Hersteller dient, sich die Gebühr für eine Windows-Lizenz zu sparen, ohne den Rechner nackt ausliefern zu müssen.

All diese Probleme will Karlitschek lösen, indem er mit einem oder mehreren PC-Herstellern zusammenarbeitet und das Betriebssystem so gut an die Hardware anpasst, dass der Nutzer keine Arbeit mehr damit hat. "Auspacken, einstecken und alles läuft" - so müsse der Open PC funktionieren, sagt Karlitschek. Seit er sein Projekt vor kurzem vorgestellt hat, melden sich immer mehr Linux-Enthusiasten, die mitmachen wollen.

Auch Gespräche mit PC-Herstellern gebe es bereits, sagt Karlitschek, ein deutscher Hersteller habe zugesagt, noch seien die Verträge aber nicht unterzeichnet. Auch die Frage, welche Linux-Variante als Grundlage gewählt wird, ist noch offen.

Mini-Laptop oder ausgewachsener Bürorechner

Aber wie soll der perfekte Linux-Rechner beschaffen sein? Das sollen die künftigen Käufer selbst entscheiden. Auf der Projekt-Webseite open-pc.com läuft seit kurzem eine Umfrage, bei der in acht kurzen Fragen Gestaltung und Ausstattung abgefragt werden. Soll es ein Mini-Laptop sein oder doch ein ausgewachsener Bürorechner, braucht er ein DVD-Laufwerk oder nicht, werden interessierte Nutzer gefragt.

Von Mitte August an ist eine zweite Befragung geplant, die mehr ins Detail gehen wird. Bereits im Frühherbst soll dann die Produktion beginnen, vom Herbst an sollen die Rechner über eine Webseite bestellt werden können. Abgewickelt wird Open PC über Karlitscheks Firma Hive01, die bereits jetzt Service für freie Softwareprodukte anbietet. Weil das Ganze ein Projekt der Linux-Gemeinschaft ist, wird aber auch ein Teil der möglichen Einnahmen aus dem Projekt wieder dorthin zurückfließen, um die Unkosten zu decken.

Den bisherigen Umfrageergebnissen nach könnte der erste Open PC ein Desktop-Rechner werden, mit dem sich vor allem Standardaufgaben wie Internet, E-Mail und Textverarbeitung schnell und elegant erledigen lassen. Aber es zeichnet sich auch ein weiterer Wunsch ab, sagt Karlitschek.

Viel Interesse gebe es für einen Wohnzimmer-Computer, der die Verwaltung aller elektronischen Unterhaltungsmedien übernimmt. Entsprechende Projekte gibt es unter Linux-Experten bereits. Solche Geräte korrekt aufzusetzen überfordert die Fähigkeiten normaler Computernutzer jedoch bei weitem.

© SZ vom 16.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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