Lieferschwierigkeiten bei Tablet-Computer:Wie Microsoft den Surface-Start verpatzt

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Mit dem neuen Tablet-PC Surface will Microsoft den Konkurrenten Apple einholen. Doch schon der Verkaufsstart geht schief: Bestellungen über Hotline und Webseite sind nicht möglich, zugesagte Geräte werden nicht geliefert. Droht Microsoft der Weg in die Bedeutungslosigkeit?

Johannes Boie

Mit dem parallelen Start von Windows 8 und dem Tablet-Computer Surface wollte Microsoft eigentlich die Aufholjagd auf die Konkurrenz eröffnen. Doch jetzt vermasselt das Unternehmen den Start. (Foto: Bloomberg)

Die Wischbewegungen auf dem neuen Tablet-Computer Surface von Microsoft sollen ganz sanft gehen. Wartende Kunden können sich davon aber kaum überzeugen, denn der Verkaufsstart am Freitag lief weniger sanft als holprig. Microsoft und seine Logistikdienstleister haben mit massiven Problemen zu kämpfen. Die Interessenten müssen warten.

Am Freitag brach die Bestellwebseite des Unternehmens zusammen, sie war stundenlang nicht erreichbar. Versuche, das Gerät telefonisch zu bestellen, scheiterten ebenfalls. "Wir haben hier nur Fehler", sagte eine Mitarbeiterin in der Hotline. Nach weiteren Minuten mündeten alle Bemühungen der Hotline-Mitarbeiterin in der Aussage: "Es bewegt sich bei mir nichts mehr." Versprochene Rückrufe blieben aus. Gegen Abend war am Freitag die Webseite wieder erreichbar, doch am Wochenende gab es erneut Ladeprobleme. Links von Werbeanzeigen im Netz für das Surface führten merkwürdigerweise auf die Bestellwebseite, erzeugten dort jedoch nur den Hinweis "Dieses Produkt ist derzeit nicht verfügbar".

Ausgerechnet beim Versuch, als Hersteller eines Tablet-Computers den Rivalen Apple unter Druck zu setzen, versuchte sich Microsoft - bislang vor allem als Softwarehersteller bekannt - in einer exklusiven Verkaufsstrategie. Das Surface ist größer als der Konkurrent iPad und soll künftig auch das Betriebssystem von Microsoft, Windows 8, einführen. Klassische Händler, wie zum Beispiel Mediamarkt, dürfen die Geräte bislang nicht anbieten. Über eigene Läden in deutschen Städten verfügt der Konzern aber im Gegensatz zu Apple nicht, daher ist nur die Bestellung über Webseite und Telefon möglich. Der Bestellprozess lief nach Angaben von Microsoft weltweit zentralisiert, die Logistikzentrale für Deutschland ist in den Niederlanden.

Zum Start des neuen Microsoft-Betriebssystems
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Doch Kunden, die Surface-Geräte im Internet vorbestellt hatten und denen die Lieferung schriftlich für Freitag versprochen war, erhielten ihre Sendung bislang nicht. Stattdessen erfuhren sie auf Nachfrage in der Hotline, dass es sich beim Versprechen des Liefertermins um einen "Kommunikationsfehler" gehandelt habe. Ob überhaupt ein Kunde in Deutschland bislang ein Gerät erhalten hat, ist unklar. Zahlen zum Verkauf der Tablets liegen nach Angaben von Microsoft bislang nicht vor.

Bereits vorab hatten sich Probleme abgezeichnet. Fachjournalisten ärgerten sich über eine Vorstellung von Microsoft am vergangenen Donnerstag in Berlin, bei der nur ein einziges Surface in einem Glaskasten gezeigt wurde - berühren durfte man das "Touch-Gerät" nicht.

Auch in Details zeigen sich beim Surface-Start gravierende Unterschiede zum in der Regel minutiös vorbereiteten Konkurrenten Apple. Jeder Kunde muss eine eigene E-Mail-Adresse vom Anbieter Microsoft besitzen oder erst einmal neu anlegen. Kleine Pannen irritieren die Kunden. Als "Sprache" des Geräts wird auf Bestellscheinen "32 Gigabyte mit schwarzem Touch Cover" angegeben, eine Ausstattungsvariante, die mit Sprachversionen nichts zu tun hat. Was in anderen Branchen als Kleinigkeit gilt, kann im umkämpften PC-Markt entscheidend sein, weil Apples Erfolg zum großen Teil auf der makellosen Ästhetik von Verpackungen, Konzepten und Geräten gründet.

Kunden beklagen schlechte Kommunikation

Der verpatzte Verkaufsstart dürfte für den amerikanischen Konzern deshalb weniger zu einem Surface-Erfolg beitragen, als ein weiterer Schritt auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit sein. Mit dem Surface-Tablet möchte - und muss - Microsoft jenseits der Spielekonsole X-Box als Hardwareverkäufer Erfolg haben. Frühere Versuche sind gescheitert, zum Beispiel der tragbare Musikplayer "Zune", der als iPod-Konkurrent geplant war. Der Versuch wurde 2011 beendet.

Jetzt häufen sich die kritischen Stimmen im Netz, Nutzer beklagen sich nicht nur über die Lieferprobleme, sondern auch über die Kommunikation. Wie schlecht dem Unternehmen die Unterrichtung der Kunden gelingt, zeigen sogar die Werbeanzeigen von Microsoft: Die neue Software Windows 8 wird darin auf Geräten anderer Computerhersteller statt auf dem eigenen Surface abgebildet. Das Betriebssystem gilt frühen Testern als gewagter Schritt. Wie es bei den Nutzern ankommt, ist noch offen. Ob es ankommt, auch.

© SZ vom 29.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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