Das Versprechen des Internets war, dass sich der Blick erweitert, weil wir nun beispielsweise kostenlos Zeitungen aus Australien, Indien, Nigeria und Ghana lesen können.
Analysiert man die Daten des Internet-Anzeigenvermarkters Doubleclick für die 50 größten Nachrichtenseiten in 30 Ländern, dann sieht man, dass beispielsweise 95 Prozent des Verkehrs in Großbritannien auf heimische Nachrichtenseiten führt, und in Indien, wo Internetnutzer allgemein weltoffener und wohlhabender sind als ihre Landsleute ohne Netzanschluss, sind es 94 Prozent.
Es sieht also ganz so aus, als ob die Fernsehsender und Zeitungen unserer Eltern und Großeltern ein viel umfassenderes Weltbild vermittelten hätten als das Internet uns.
Nun wird das Internet immer polyglotter. Das heißt aber auch, dass viele Inhalte im Netz in Sprachen veröffentlicht werden, die wir nicht sprechen. Auf diese Inhalte werden wir nicht stoßen, denn das Internet ist so konstruiert, dass es Mehrsprachigkeit ignoriert.
Wenn man beispielsweise das Wort "Apple" in eine Suchmaschine eingibt, wird man vielleicht spanische Seiten angezeigt bekommen, die dieses Wort beinhalten, allerdings keine mit "manzana" oder "ringo".
Nerds und Schmiede
Was wir also brauchen, um ein wirklich weltoffenes Netz zu schaffen, sind Filter, die uns helfen, die schiere Menge an Informationen zu bewältigen, sowie Übersetzer. Beide gibt es schon.
Der neue Browser von Google weiß beispielsweise, in welcher Sprache eine Webseite geschrieben ist, und man kann einstellen, dass alle Seiten automatisch ins Englische übersetzt werden. Das Problem ist - die Übersetzung wird von einer Maschine erstellt. Das funktioniert zwischen Französisch und Englisch erstaunlich gut, zwischen Chinesisch und Englisch grausam schlecht.
Die Filter im Netz sind ähnlich unzulänglich. Das Problem ist, dass wir uns prinzipiell auf zwei Filterfunktionen verlassen. Suchmaschinen können uns sowieso nur zeigen, was wir sehen wollen; unsere Freunde in sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook können uns Dinge zeigen, von denen wir noch nicht wussten, dass wir sie sehen wollen.
Wir brauchen Vermittler
Zusätzlich gibt es Funktionen, die den glücklichen Zufall herbeirechnen, indem sie auswerten, was wir bisher gesucht haben, oder was uns und unsere Freunde bisher interessiert hat. Das Problem ist nur, dass der Mensch ein Herdentier ist, also sehen wir auf Twitter oder Facebook nur das, was die Herde sieht.
Was wir wirklich brauchen, sind Vermittler. Ein gutes Beispiel dafür ist Erik Hersman, der Gründer eines der besten Technikblogs im Netz, Afrigadget. Hersman ist ein amerikanischer Nerd und Chef einer Softwarefirma.
Er ist aber auch ein Afrikaner, der in Kenia zur Schule ging und fließend Suaheli spricht. Er ist der seltene Fall eines Menschen, der sowohl die Mentalität amerikanischer Nerds wie die kenianischer Schmiede begreift, und deswegen eine Brücke zwischen beiden Welten schlagen kann. Wenn wir also eine wirklich offene Welt im Netz wollen, dann müssen wir solche Figuren erkennen, fördern und ihren Einfluss stärken.
Der Autor ist Gründer des Blognetzwerkes Global Voices und forscht am Berkman Center for Internet and Society in Harvard. Der Text beruht auf einem Vortrag auf der Ted-Konferenz in Oxford.