Debatte um Netzausbau:Schnelles Internet für alle - nur wie?

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Bis 2018 will die Bundesregierung schnelle Datenübertragung für alle. Doch die Finanzierung ist offen. Nun meldet sich die Telekom und erinnert die Politik an eine unangenehme Wahrheit.

Von Varinia Bernau und Daniela Kuhr, Berlin

Zunächst einmal ist da nur ein Versprechen: Bis 2018, so will es die Bundesregierung, sollen alle deutschen Haushalte an das schnelle Internet mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde angeschlossen sein. Um die Frage aber, wie das zu finanzieren ist, wird seit Langem gerungen. Wenige Tage, bevor die Vorschläge zum Netzausbau im Kabinett beraten werden, meldet sich nun die Deutsche Telekom - und erinnert die Politik an eine unangenehme Wahrheit. "Ohne öffentliche Fördermittel wird das nicht funktionieren", sagte der für das Deutschlandgeschäft verantwortliche Vorstand Niek Jan van Damme der Berliner Zeitung. "Es gibt kein Geschäftsmodell dafür, wie entlegene kleine Dörfer mit 50 Megabit über das Festnetz erschlossen werden können."

Das schnelle Internet gelangt am besten durch haarfeine Fasern aus Quarzglas zu den Menschen ins Haus. Doch dieses Netz zu bauen, das dauert - und es ist teuer. Weil Bagger die Straßen aufreißen und Kabel verlegt werden müssen. Je dünner besiedelt eine Region, desto weiter werden die Strecken, über die Kabel verlegt werden müssen, und desto geringer ist die Aussicht, dort auch Kunden zu gewinnen. Allein die Tiefbauarbeiten auf einem Kilometer kosten 50 000 bis 60 000 Euro, rechnet van Damme vor.

Ungleichgewicht zwischen Stadt und Land

Das führt nicht nur dazu, dass Wunsch und Wirklichkeit noch weit auseinanderklaffen. Es führt auch zu einem Ungleichgewicht zwischen Stadt und Land. Im vergangenen Jahr hatten im Schnitt 58 Prozent der Bevölkerung Zugang zu einem Internetanschluss mit Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 50 Mbit/s. Doch während die Versorgung im Stadtstaat Berlin bei fast 63 Prozent liegt, kommt das Flächenland Sachsen-Anhalt gerade mal auf knapp 49 Prozent.

An einer ehrlichen Debatte über die Frage, wie lückenlos die Versorgung sein soll, werden Wirtschaft und Politik deshalb nicht vorbeikommen. Noch reicht es den meisten Menschen, wenn die Daten mit der Geschwindigkeit von 50 Mbit/s durchs Netz sausen. Das geht auch mit einem Mix aus Funkverbindungen und den ohnehin schon verlegten Kupferkabeln. Aber Glasfaser ermöglicht doppelt so hohe Geschwindigkeiten bei der Datenübertragung - und sie gilt zudem als stabiler. Vernetzte Fabriken, selbst fahrende Autos und die Vorzüge der Telemedizin - kurzum: all das, wovon Politiker schwärmen, wird es morgen nicht geben, wenn heute nicht die Weichen dafür gestellt werden.

Mehr Geräte, mehr Datenverkehr

Denn der Datenverkehr in Deutschland steigt - einer Schätzung des Netzwerkausrüsters Cisco zufolge von Jahr zu Jahr um ein Fünftel. Schon 2018 könnte sich demnach die Übertragungsgeschwindigkeit von 50 Mbit/s schon als zu langsam erweisen. Denn die Menschen haben auch immer mehr Geräte im Einsatz. Sie setzen sich nicht mehr nur vor den Computer, sie zapfen auch mit Smartphones und Tablets das Netz an. Im vergangenen Jahr hatte, so ist es in der Cisco-Studie nachzulesen, jeder Deutsche im Schnitt vier internetfähige Geräte; 2018 werden es sieben sein. Der Anschluss, der für den Einzelnen ausreicht, kann für die Familie schon zu langsam sein.

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Die Breitbandversorgung, wie sie sich die Bundesregierung wünscht, wird Schätzungen zufolge 30 bis 40 Milliarden Euro kosten. Die Telekom hat angekündigt, in diesem sowie im nächsten Jahr jeweils etwa vier Milliarden Euro in den Netzausbau zu investieren. Der Branchenverband VATM, der die Wettbewerber vertritt, hat bis 2018 insgesamt 21 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Bliebe also ein ordentlicher Differenzbetrag.

Finanzierungsplan mit Haken

Kann der mit Fördermitteln gedeckt werden? "Das Verkehrsministerium hat vor, die zu erwartenden Einnahmen aus der anstehenden Versteigerung der 700er-Frequenzen zu einem Großteil in den Breitbandausbau in unterversorgten Gebieten zu investieren", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) der Süddeutschen Zeitung. So solle das Ziel aus dem Koalitionsvertrag, bis 2018 flächendeckend schnelles Internet bereitzustellen, erreicht werden.

Der Haken daran ist nur, dass bei der Auktion gerade die Unternehmen bieten, die auch den Netzausbau stemmen sollen. Je mehr die Politik also einsammelt, desto weniger bleibt den Unternehmen für die dringend notwendigen Investitionen. Der VATM warnte deshalb schon vor Wochen davor, diesen Weg einzuschlagen. "Hier dürfen dem Markt nicht unnötig Finanzmittel entzogen werden", schimpfte Verbandspräsident Peer Knauer. "Deutschland hat bereits heute die höchsten Frequenzkosten." Erst bei der Auktion 2010 seien den Unternehmen vier Milliarden Euro entzogen worden. Aus genau diesem Grund hält auch die Opposition Dobrindts Vorschlag für nicht durchdacht.

© SZ vom 11.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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