Computerspiel Grand Theft Auto:Sex, Gewalt und ein bisschen Satire

Mehr als ein kurzes Video gibt es bisher nicht zum groß erwarteten Computerspiel GTA V. Um so hitziger diskutieren die Fans mögliche Features und Gerüchte. Wer den Hype verstehen will, sollte einen Blick in die Vergangenheit des Gangster-Epos werfen.

Lukas Köhler

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(Foto: Screenshot Rockstar Games)

1997 erschien der erste Teil der Serie mit einer schon damals unspektakulären Grafik, doch einem Spielprinzip, das alle Nachfolger prägen sollte. Der Spieler steuerte einen Kleinkriminellen, der sich an Telefonzellen Aufträge holte. Morden, Bomben legen, Autos stehlen: Je krimineller, desto mehr Respekt zollten ihm die Auftraggeber und der Spieler kam in der Verbrecherlaufbahn voran. Wie er die Aufträge erfüllte war ihm aber selbst überlassen: Etwa mit welchen Waffen er sich eindeckte, welches Auto er klaute, ja sogar der Weg zum Zielort durch die virtuelle Stadt war frei wählbar. Als Belohnung wurden weitere Stadtteile freigeschaltet. Die Städte der GTA-Reihe waren immer Fantasie-Gebilde, die allerdings häufig an reale Vorbilder angelehnt waren.

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(Foto: Screenshot Rockstar Games)

Nur einmal wurde eine echte Stadt nachgebaut. Die Erweiterung London 1969 versetzte den Spieler in die britische Hauptstadt der 60er Jahre. Die exzessive Gewaltdarstellung löste bereits beim ersten Spiel viel Kritik aus. Politiker sahen die Jugend gefährdet und vereinzelt wurden Verbote des Spiels gefordert, die auch teilweise umgesetzt wurden. Am dramatischsten war ein Fall in Thailand, als 2008 der Mörder eines Taxifahrers nach seiner Tat angab, von GTA inspiriert worden zu sein. Als Folge wurde ein Verkaufsverbot des Spiels in Thailand ausgesprochen.

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(Foto: Screenshot Rockstar Games)

Der Popularität der Serie tat das aber keinen Abbruch. Die Fans erwarteten 1999 fieberhaft den Nachfolger GTA2. Am bewährten Spielprinzip änderte sich nur wenig. Die virtuelle Stadt wurde nun aber interaktiver. Je nach Fahndungslevel verfolgte einen nicht mehr nur die Polizei, sondern auch FBI, Geheimdienst oder die Armee. Auf der Straße tummelten sich andere Kleinkriminelle und die Gangs waren einem feindlich gesonnen, wenn man für die falschen Auftraggeber arbeitete. Die Verkaufszahlen blieben aber hinter den Erwartungen zurück. Das Festhalten an der 2D-Grafik mit Draufsicht löste unter den Fans Ernüchterung aus. Gerade in einer Zeit, da sich die Konkurrenz vor allem an 3D-Effekten gegenseitig übertraf, wirkte GTA2 zu altbacken.

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(Foto: Screenshot Rockstar Games)

Diesen Wunsch erfüllten die Entwickler 2001 mit GTA III, das sich zu einem der meistverkauften Games entwickelte. Erst die Technik der PCs und Playstation 2 ermöglichte die virtuelle 3D-Welt in der Art darzustellen, für die das Spiel damals als revolutionär gelobt wurde: Tag-, Nacht-, sowie Wetterwechsel und das lebendige Straßenbild. Stadtviertel wie Chinatown wurden sehr detailliert verliebt erstellt. Zu dieser atmosphärischen Dichte trugen auch die häufig überzeichneten Charaktere bei, die den Spieler mit kriminellen Aufträgen versorgten. Das gesamte Spielgeschehen wurde erstmals durch eine Rahmenhandlung verbunden und erzeugte bei den Spielern das Gefühl in einem actionreichen Gangsterfilm mitspielen zu dürfen. Die Grenzen eines klassischen Computerspiels schienen aufgehoben. GTA III legte damit die Grundlagen für das neue Genre der sogenannten "Open-World-Games". Denn das bewährte Prinzip der Bewegungs- und Aktionsfreiheit wurde vollständig auf die neue 3D-Welt übertragen. Was den Gamern gefiel, rief bei Skeptikern allerdings erneut Kritik hervor. Denn die übermäßige Gewaltdarstellung wurde ebenso in die schöne neue 3D-Welt übernommen. In Deutschland durfte das Spiel daher nur an über 18-Jährige verkauft werden und musste von den Entwicklern beschnitten und entschärft werden, um nicht auf den Index zu geraten.

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(Foto: Screenshot Rockstar Games)

Das galt auch für den Nachfolger vonn 2002 GTA: Vice City. Hier ging es auf Zeitreise in das Miami der 1980er Jahre. Die gesamte Kulisse erinnerte an Filmklassiker wie "Scarface" oder die Erfolgsserie "Miami Vice". Inklusive kitschiger Sonnenuntergänge, Neonschrift und Blümchenhemden. Auch der Soundtrack, der GTA-typisch über die Radio-Stationen der virtuellen Stadt abgespielt wurde, bediente sich bei Stars der Zeit wie Nena, Michael Jackson oder Ozzy Osbourne. Doch auch die virtuelle freie Welt wurde weiter entwickelt: Erstmals konnten Gebäude betreten und eigene Immobilien erworben werden. In die Kritik um die Gewalt im Spiel mischten sich mehr und mehr auch anerkennende Stimmen, wie die des Time Magazines, das GTA als "Entertainment für Erwachsene" definierte und damit Computerspiele auf eine Stufe wie Hollywood-Filme hob. Die Spieleindustrie entwickele sich weg von bunten Daddelkisten hin zu ernster Unterhaltung.

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(Foto: Screenshot Rockstar Games)

Inzwischen übernahmen auch Konkurrenten das Open-World-Prinzip. Actionspiele wie Driver, Mafia oder später der Pate boten ähnliche 3D-Welten, in der sich der Gamer austoben konnte. Doch war es GTA, das erneut neue Elemente in das Spiel einbrachte und im nächsten Teil die Grenze zum klassischen Rollenspiel durchbrach. In GTA: San Andreas, das 2004 erschien, konnte der Gamer etwa seine Spielfigur ins Fitnessstudio hetzen, was eine bessere Gesundheit und Ausdauer mit sich brachte, oder aber sich im Fast-Food-Restaurant einen virtuellen Bauch anfuttern. Auch konnten verschiedene Fähigkeiten im Umgang mit Waffen oder Fahrzeugen der Hauptfigur Carl Johnson "CJ" weiterentwickelt werden. Das alles in der größten virtuellen GTA-Welt seit Beginn der Reihe. Die drei spielbaren Hauptstädte erinnerten nicht zufällig an Los Angeles, Las Vegas und San Francisco, die zusammen mit großflächigen Landstrichen und weiteren Dörfern eine Spielewelt ergaben, die deutlich größer als jene von Vice City war. Die Handlung griff das Thema der Spannungen zwischen schwarzen und weißen Bevölkerungsgruppen Anfang der 1990er Jahre, sozialen Ghettos, Drogenbanden und Prostitution auf. Gerade letzteres führte 2005 zu einem Skandal, als bekannt wurde, das mittels einer kleinen Software-Modifikation eine Sex-Funktion freigeschaltet werden konnte. Daraufhin wurde das Spiel in den USA  indiziert und in anderen Ländern, etwa in Australien verboten.

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(Foto: Screenshot Rockstar Games)

Nach GTA: San Andreas wurde es erst einmal ruhig um die Reihe. Den Markt überließen die Macher vorübergehend anderen Actionspielen. Zwar erschienen mit Liberty City Stories (2005) und Vice City Stories (2006) weitere Vorgeschichten zu GTAIII, die aber keine großen Neuerungen in die Entwicklung einbrachten. Stattdessen konzentrierte man sich nun auf die Entwicklung von GTA IV, das die neue Technik der jüngsten Spielkonsolen ausnutzen sollte.

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(Foto: Screenshot Rockstar Games)

2008 erschien schließlich der Nachfolger. Als Spieler findet man sich in der Rolle des russischen Einwanderes Nico Bellic wieder, der ins altbekannte Liberty City zurückkehrt, das allerdings deutlich an das reale New York erinnerte. Einige der im Vorgänger eingeführten Rollenspiel-Elemente wurden wieder fallen gelassen, dafür konzentrierten sich die Entwickler auf die möglichst realistische Darstellung einer modernen Stadt inklusive nutzbarer Internetcafés, Bars, Geschäfte, einem virtuellem Handynetz und den altbekannten Radio-Sendern. Zusätzlich bot die Hauptgeschichte dem Spieler erstmals an einigen Stellen Auswahlmöglichkeiten, um so ein noch viel größeres Freiheitsgefühl zu erzeugen.

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(Foto: Screenshot Rockstar Games)

Viele Kritiker zeigten sich begeistert von GTA IV, wobei neben den technischen und spielerischen Umsetzungen, die auch einige Fehler aufwiesen, vor allem die satirische und gesellschaftskritische Bedeutung des Spiels herausgehoben wurde. So stecke on GTA eine gehörige Portion Satire. Denn hinter dem Willen, die Stadt so perfekt wie möglich zu zeigen, sei immer auch der Spott seiner Produzenten erkennbar, denen nichts und niemand heilig ist - vor allem nicht der amerikanische Traum. Dabei erstreckte sich die Berichterstattung weit über die klassischen Spiele-Medien hinaus. Auch die Tagesthemen berichteten. Dies zeigt wohl, neben den millionenfachen Verkaufszahlen, welche Bedeutung inzwischen der GTA-Reihe beigemessen wird.

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(Foto: Screenshot Rockstar Games)

Dementsprechend hoch sind nun die Erwartungen an den Nachfolger GTA V. Großspurig sprechen die Entwickler von einer "mutigen neuen Ausrichtung in Sachen Freiheit" und ermutigen so die Fans zu wilden Spekulationen. Es bleibt abzuwarten, ob sie diese Erwartungen erfüllen können, in einer Zeit, in der "Open-World"-Spiele nichts revolutionäres mehr sind, sondern in vielfacher Ausprägung auf den Markt kommen. Etwa das kürzlich erschienene Actionspiel "Batman-Arkham City" oder die aktuellen Weiterentwicklungen des Rennspiel-Klassiker "Need for Speed". Alle bedienen sich inzwischen Elemente, die vor allem die GTA-Entwickler eingeführt haben.

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