Schulen und Digitalpakt:Stinkende Sterntaler

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Man kann sich das geschwollene Gerede über die Vorzüge des Föderalismus sparen, wenn es Bund und Ländern nicht gelingt, den Digitalpakt unter Dach und Fach zu kriegen. Föderalismus muss sich in der Praxis bewähren, nicht in Festreden.

Von Heribert Prantl

Man kann sich das ganze geschwollene Gerede über die Vorzüge des Föderalismus sparen, wenn es Bund und Ländern nicht gelingt, den Digitalpakt für die Schulen endlich unter Dach und Fach zu bekommen. Der Föderalismus muss sich in der Praxis bewähren, nicht in Festreden. Föderalismus - das ist in der Theorie mehr Bürgernähe, mehr Transparenz, mehr Gestaltungsfähigkeit und mehr Demokratie, also ein Wunder. In der Realität, zumal in der Schul- und Bildungspolitik, ist der Föderalismus kein Zukunfts-, sondern ein Auslaufmodell.

Der berühmte Satz aus der Bibel gilt auch für den Föderalismus: An den Früchten sollt ihr ihn erkennen. Die vom Bund geforderte Co-Finanzierung durch die Länder hat bisher die Auszahlung von fünf Milliarden Euro verhindert. Es ist gut, wenn der Bund diese Forderung jetzt fallen lässt. Bund und Länder hatten sich im vergangenen Monaten verhalten wie ein Ehepaar im Rosenkrieg. Der Bund hat den Ländern die Milliarden für die digitale Ausstattung der Schulen versprochen, aber er hat dann das versprochene Geld vor der Auszahlung noch schnell vergiftet - indem er es mit einer Co-Finanzierung verband und das auch noch per Grundgesetzänderung absichern wollte. Das heißt: Für jeden Euro, der vom Bund ins Land fließt, sollte das Land einen Euro aus eigenen Mitteln drauflegen. Das konnten und können sich die ärmeren Bundesländer nicht leisten; und das wollten und wollen sich die reicheren Bundesländer nicht leisten.

Der Bund sagte: Wer zahlt, schafft an. Die Länder erwiderten: Wir lassen uns von dir die Projekte nicht diktieren, und seien sie noch so wichtig. Und so begannen die versprochenen Milliarden, auf welche die Schulen wie auf die Sterntaler warten, zu stinken. Aus der digitalen Nummer wurde eine peinliche Veranstaltung. Wenn der Bund nun auf die Co-Finanzierung verzichtet, ist das die Besinnung fünf nach zwölf. Aber späte Besinnung ist besser als keine: Die deutschen Schulen leben nämlich, was die technische Ausstattung betrifft, hinterm Mond; das kommt seit Jahren peinlich zum Ausdruck bei schulischen Veranstaltungen, Elternabenden, allen Konversationsformen der Schule mit der Außenwelt.

Das bisherige Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Schulpolitik wird nun hoffentlich beendet. Bei dem bloßen Ende diesen Unsinns kann es aber nicht sein Bewenden haben. Dem Ende des Kooperationsverbots muss der Beginn einer guten Kooperation folgen; die beginnt mit guter Kooperation der Länder untereinander, die nicht länger so tun dürfen, als wäre es Ausweis ihrer Einzigartigkeit, wenn Lehrerausbildung, Lehrpläne, Lernkonzepte und Schulsysteme möglichst verschieden sind. Es geht um die Zukunft junger Menschen, nicht um Eifersüchtelei, Macht, Potenz und Präpotenz in der Politik. Es wäre fürs Erste schon nicht schlecht, wenn man sich auf eine einheitliche Lehrerausbildung einigen könnte.

Werkstattgespräche sind in der Politik neuerdings in Mode. Die Kultusministerkonferenz sollte engagierte, erfahrene, auch pensionierte Lehrkräfte aus der Praxis aller Schularten zusammenrufen. Man sollte sich dann und dort Gedanken darüber machen, welche Lehrer und welche Bildung die jetzige Schülergeneration braucht. Die Medienkonzepte dafür ergeben sich dann ganz von selbst.

© SZ vom 14.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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