Bildung:Sachsens Schüler sollen mehr selbstständig lernen

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Kultusminister Christian Piwarz (CDU) bei einer Pressekonferenz. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Sachsen baut in Zeiten des Lehrermangels künftig auch auf „digitale“ Pädagogen. Eine Lehrerin und ein Lehrer sind für diverse Fächer per Video zu sehen. Auch wenn sie leicht bayerischen Dialekt sprechen, beruhen die digitalen Module allein auf sächsischen Lehrplänen.

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Dresden (dpa/sn) - In sächsischen Schulen sollen künftig verstärkt „digitale Selbstlernmodule“ zum Einsatz kommen. „Das selbstständige und selbstorganisierte Lernen wird zunehmend zu einer Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts. Zukünftig kommt es immer stärker darauf an, Schülerinnen und Schüler zum selbstorganisierten Lernen zu befähigen“, sagte Kultusminister Christian Piwarz (CDU) am Donnerstag in Dresden. Die digitalen Module könnten auch genutzt werden, wenn Lehrkräfte ausfallen.

Damit rechnet die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft auf jeden Fall. Am Mittwoch hatte sie die Zahl der zusätzlich benötigten Lehrkräfte auf mindestens 3000 beziffert. Sachsen geht aber nur mit 1120 neu eingestellten Pädagogen ins neue Schuljahr. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine leichte Steigerung. „Wir haben mehr Lehrkräfte für uns gewinnen können“, betonte der Minister. Die Zahlen zeigten, dass der Schuldienst in Sachsen attraktiv sei.

Piwarz gab zu, dass Sachsen mehr Lehrkräfte einstellen wollte. Es sei auch beim jetzigen Einstellungsverfahren nicht gelungen, in speziellen Schularten und in einzelnen Regionen die Bedarfe zu decken. „Es fehlen schlicht und ergreifend die Bewerber.“ Die Unterrichtsabsicherung werde erneut eine große Herausforderung. Der Minister prognostizierte ein „angespanntes Schuljahr“ und vermochte nicht zu sagen, in welchem Umfang der Unterricht am Ende abgesichert ist: „Die Glaskugel habe ich leider nicht.“

In den Grundschulen sei man mit dem Personal vergleichsweise gut aufgestellt, sagte Piwarz. Die Oberschule bleibe das große Sorgenkind. In Ostsachsen und Erzgebirge sei der Mangel besonders spürbar - mit Ausnahme von Grundschullehrern im Erzgebirge. Für diese Regionen gelinge es nur mit großer Mühe, Bewerber zu gewinnen. Die meisten würden nach wie vor nach Dresden und Leipzig wollen. Um die Schulen in ihrer angespannten Personallage zu unterstützen, werden die 472 Stellen für Assistenzkräfte um 172 erhöht. Inklusive der Assistenzen für die Beschulung von Mädchen und Jungen aus der Ukraine würden damit 853 Personen zur Unterstützung bereitstehen, hieß es.

Während als Seiteneinsteiger im sächsischen Schulbetrieb bislang nur Hochschulabsolventen zum Einsatz kamen, ist das künftig auch mit einem Fachhochschulabschluss oder für Absolventen der Berufsakademien möglich. Über Weiterqualifizierungen könnten sie vollwertige Lehrer werden, erklärte Piwarz. „Wir erhoffen uns eine breitere Auswahlmöglichkeit.“ Zu Beginn des neuen Schuljahres werden 161 Seiteneinsteiger vor den sächsischen Klassen stehen.

Piwarz räumte ein, dass digitale Module Lehrer nicht ersetzen können. „Es braucht ein sinnvolles Miteinander der analogen und der digitalen Welt.“ Schüler könnten so aber stärker zu eigenem Lernen befähigt werden. Laut Ministerium wurden 63 digitale Module für 16 Fächer der Klassenstufen 3 bis 13 entwickelt. Die Schulen seien angehalten, die Module wann immer möglich einzusetzen. „Die Module ermöglichen den Schülern einerseits ein cooles Lehren und entlasten andererseits die Lehrkräfte bei der Unterrichtsvorbereitung.“ 43 weitere digitale Module würden derzeit erarbeitet.

Die Module wurden im Verbund mit der Firma Digitale Lernwelten aus Eichstätt entwickelt - deshalb spricht die am Donnerstag präsentierte Video-Lehrerin mit einem bayerischen Akzent. Alle Inhalte würden aber auf sächsischen Lehrplänen basieren, hieß es.

Die Linken äußerten sich kritisch. „Computer sind keine Lehrkräfte“, erklärte die Abgeordnete Luise Neuhaus-Wartenberg. Noch immer seien nicht alle Lernenden gleichermaßen kompetent im Umgang mit digitalen Medien. Nach Ansicht von SPD-Politikerin Sabine bleibt Schule „die größte landespolitische Baustelle.“ „Auch wenn positive Veränderungen sicht- und spürbar sind, so bleibt der Lehrkräftemangel, insbesondere auf dem Land, das größte Problem. Das kann und sollte man nicht schönreden.“ Die Grünen sprachen von „kleine Hoffnungsschimmer“ und „große Herausforderungen“.

Nach vorläufigen Zahlen steigt die Schülerzahl im neuen Schuljahr auf 536 470 - das sind 27 589 mehr als im vergangenen Schuljahr. Neben 1381 Schulen in öffentlicher Trägerschaft gibt es 422 freie Schulen.

© dpa-infocom, dpa:230817-99-864653/5

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