Schule:Wann verlieren Lehrer ihren Job?

Lesezeit: 4 min

Was müssen Lehrer falsch machen, um einen "Verweis" zu bekommen? (Foto: Illustration: Jessy Asmus/SZ.de)

Nur schlechter Unterricht ist kein Grund. Für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis muss mehr schiefgehen.

Von Matthias Kohlmaier

Die Leserfrage

Vor Kurzem habe ich gelesen, dass die Mutter einer der Kandidatinnen des Dschungelcamps nicht mehr als Lehrerin arbeiten soll. Grund: Sie war wohl krankgeschrieben und hat ihre Tochter trotzdem zu diesem Event nach Australien begleitet. Davon abgesehen, dass ich das für eine Pädagogin schon eine sehr seltsame Aktion finde, frage ich mich: Was müssen sich Lehrer zu Schulden kommen lassen, um ihren Beamtenstatus zu verlieren?

Die Antwort

Bei der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit gehen Arbeitnehmer (also der Lehrer) und Dienstherr (zum Beispiel der Freistaat Bayern) so etwas wie einen Pakt ein: Der Beamte bietet Loyalität, im Gegenzug braucht er sich ein Leben lang keine Sorgen um sein finanzielles Auskommen zu machen. Ob das ein sinnvolles Modell ist, ist ein anderes Thema und würde den Rahmen dieser Kolumne sprengen. Sicher ist: Ein verbeamteter Lehrer kann sich einiges leisten, bevor er seinen Status verliert.

Als Richtschnur für die Schulen und besonders deren Leiter hat das bayerische Kultusministerium eine Zusammenstellung unter der Überschrift "Disziplinarrecht" verfasst. Die Reihenfolge der möglichen Disziplinarmaßnahmen gegen Lehrkräfte sieht demzufolge so aus:

  • Bei geringen Vergehen kann die Schulleitung einen Verweis aussprechen oder eine Geldbuße erheben respektive entscheiden, dass ein Teil der Bezüge der Lehrkraft einmalig einbehalten wird.
  • Bei schwereren Vergehen ist auch eine dauerhafte Kürzung der Dienstbezüge denkbar. Diese kann nur die Landesanwaltschaft verhängen.
  • Die Maximalstrafen sind die Versetzung in ein niedrigeres Amt - bei Lehrern würde dann zum Beispiel aus dem Oberstudienrat wieder ein Studienrat -, was auch mit Geldeinbußen verbunden ist, und final die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis möglich. Beides kann nur die Landesanwaltschaft mittels einer Disziplinarklage erreichen.

Skurrile Prüfungsantworten
:"Um ganz ehrlich zu sein, das Thema langweilt mich"

Der Faulheit überführt: Ein US-Schüler stellt seinem Lehrer in einem Aufsatz eine Falle - und der Pädagoge tappt prompt hinein. Diese und weitere Prüfungscoups in unserer Galerie der Schülerchuzpe.

Bleibt die Frage, wann Lehrer überhaupt belangt werden können. In der freien Wirtschaft würde man vermuten, dass auch im Lehramt gilt: Wer seinen Job schlecht macht, der fliegt! Bei auf Lebenszeit verbeamteten Lehrern sieht das anders aus. Das Kultusministerium schreibt dazu den witzigen Satz: "Unfähigkeit ist kein Dienstvergehen." Jeder Beamte sei aber verpflichtet, "sich um eine ordnungsgemäße Dienstausübung zu bemühen, also gegebenenfalls notwendige, ihm aber fehlende Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben. So ist der Beamte insbesondere verpflichtet, sich fachlich beraten zu lassen und die Hilfestellungen (Weisungen) seiner Vorgesetzten umzusetzen, soweit ihm dies möglich ist".

Kurzum: Wer nur schlechten Unterricht macht, wird auch langfristig kaum um seinen Job fürchten müssen. Schon allein deshalb, weil es gar nicht so einfach ist, das gerichtsfest nachzuweisen.

Der zentrale Grund für Disziplinarmaßnahmen gegen Lehrkräfte ist der Leiterin eines bayerischen Gymnasiums zufolge das Nicht-Erscheinen zum Unterricht. Sie berichtet von einem Fall aus ihrer eigenen Berufspraxis - der dem in Ihrer Frage beschriebenen ähnelt:

Ein Kollege war zu spät aus den Ferien zurückgekehrt und hatte für die Fehltage ein ärztliches Attest vorgelegt. Dumm nur, dass zur Schulleitung die Information durchsickerte, dass der Mann die schulfreie Zeit einfach um ein paar Tage verlängert hatte. Und noch dümmer, dass ihm das zweifelsfrei nachzuweisen war. "Da der Rückflug deutlich nach Ende der Ferien terminiert war, hatte der betreffende Kollege natürlich schlechte Karten", sagt die Rektorin. In so einem Fall sei es mit einem Verweis nicht getan. "Deshalb habe ich nach Rücksprache mit der restlichen Schulleitung entschieden, dass die Hälfte des nächsten Monatsgehalts des Kollegen einbehalten wird."

Schule
:Und raus bist du

Kinder, die prügeln, fliegen immer schneller von der Schule. Dabei wäre es genau dann nötig, an ihnen dranzubleiben. Die Pädagogik kapituliert vor ihrer ureigensten Aufgabe.

Von Christina Berndt

Es gibt noch eine Reihe weiterer Gründe, warum Lehrer Probleme mit dem Disziplinarrecht bekommen können. Zusammenfassen könnte man sie unter der Formel: Wer Anweisungen des Chefs zuwiderhandelt, bekommt Ärger! Weigert sich ein Lehrer zum Beispiel, Elterngespräche zu führen, wird ihn die Schulleitung, falls sie das mitbekommt, darauf hinweisen, dass das Teil seines Jobs ist. Tut er es trotzdem nicht, behindert er damit die Arbeit seines Vorgesetzen. Nämlich sicherzustellen, dass mögliche Mängel des Unterrichts abgestellt werden.

Auch Alkoholmissbrauch ist ein Dienstvergehen - und zwar nicht nur, wenn die Lehrkraft angetrunken in der Schule erscheint. "Eine Lehrkraft muss sich auch im außerdienstlichen Bereich so verhalten, dass eine Beeinträchtigung des Ansehens und des Vertrauens der Öffentlichkeit in Bezug auf die Führung des konkreten Amtes einer Lehrkraft vermieden wird", schreibt das Ministerium etwas sperrig. Will heißen: Fährt ein Lehrer in seiner Freizeit betrunken Auto und wird erwischt, ist das ein Dienstvergehen und kann vom Dienstherrn geahndet werden.

Wann ein Lehrer nicht mehr unterrichten darf

Dass ein Beamter tatsächlich rausgeschmissen wird, dafür müssen sich die bisher beschriebenen Verfehlungen wiederholen. Sofort brenzlig wird es dagegen für die Lehrkraft, wenn sie ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt. "Setzt sich der Lehrer beim Skiausflug auf einen Jägertee an die Bar und zur gleichen Zeit hat ein Schüler auf der Piste einen Unfall, kann das gravierende Folgen für ihn haben", sagt die Schulleiterin. "Und zwar strafrechtliche wie dienstrechtliche!"

Wird ein Beamter in einem Strafverfahren wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt (unter Umständen genügt auch schon eine Verurteilung zu mehr als sechs Monaten), endet das Beamtenverhältnis laut Beamtenstatusgesetz, sobald das Urteil rechtskräftig ist. Ist ein Beamter einmal aus dem Dienstverhältnis entfernt, darf er lauf Bayerischem Disziplinargesetz nie mehr - auch nicht in anderer Form - vom ehemaligen Dienstherrn beschäftigt werden.

Definitiv aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist eine Lehrkraft auch bei jeglicher Form von sexuellem Missbrauch an ihren Schülern. So ein "Verhalten ist zutiefst unpädagogisch und widerspricht den Grundsätzen des Berufs", schreibt das Ministerium. Die Grenze zur Pflichtverletzung sei im Wiederholungsfall "bereits überschritten, wenn es zu anzüglichen Bemerkungen gegenüber Schülern kommt. Im Interesse der Schüler, aber auch der Lehrer sollte hier nicht weg, sondern hingesehen werden".

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: