Medizinstudium:Quotendoktor

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Die Sorge über den Mangel an Hausärzten und Medizinern in der Provinz ist altbekannt. Nun sollen Reformen im Medizinstudium junge Ärzte aufs Land locken. Vor allem Studentenvertreter sind skeptisch - sie sehen sich dadurch eher gegängelt.

Von Kim Björn Becker

Im Streit um die Frage, ob der Hausarztmangel auf dem Land durch eine Reform des Medizinstudiums abgemildert werden kann und soll, haben sich die Gesundheitsminister der Länder für eine umfangreiche Reform der Arztausbildung an deutschen Universitäten starkgemacht. So warben sie in einem gemeinsamen Beschluss zum Abschluss ihrer jüngsten Konferenz in Rostock-Warnemünde dafür, eine sogenannte Landarztquote einzuführen.

Den Bundesländern soll demnach die Gelegenheit gegeben werden, ein bestimmtes Kontingent an Medizin-Studienplätzen jenen Bewerbern vorzuhalten, die sich für die Zeit nach dem Abschluss zu einer Tätigkeit als Landarzt verpflichten. Die Gesundheitsminister sprachen sich dafür aus, den Ländern "die Möglichkeit einer solchen Vorabquote einzuräumen". Nach Darstellung von Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Birgit Hesse (SPD) sollen die Länder durch den "Masterplan Medizinstudium 2020", der alle Reformschritte bündeln soll, aber nicht zur Einführung einer Landarztquote verpflichtet werden. Die Gesundheitsminister wollen nun noch mit den Kultusministern der Länder über die Einführung der Landarztquote sprechen. Offen ist, ob auch die Finanzminister der Länder noch mitreden oder nicht.

Der Deutsche Hausärzteverband jubiliert - Studentenvertreter sehen die Pläne aber skeptisch

Die Reaktionen auf den Beschluss der Gesundheitsminister waren indes sehr unterschiedlich. Vor allem Studentenvertreter sehen in dem Plan eine unzulässige Einschränkung der angehenden Mediziner. Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (BVMD) übte scharfe Kritik und nannte es in einer Stellungnahme eine "Zumutung", dass man von jungen Menschen verlange, "sich für eine Tätigkeit als Hausärzte in einer unterversorgten Region zu verpflichten, bevor sie überhaupt die Gelegenheit hatten, den Beruf und das Fach kennenzulernen". Darüber hinaus mache die geplante Landarztquote das Zulassungsverfahren zum Medizinstudium nur noch komplizierter. Stefanie Weber, Vorsitzende des Sprecherrats der Medizinstudenten bei der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, verurteilte die geplante Quote als "politischen Aktionismus". Offensichtlich sollten Studenten "durch immer neue Zwangsmaßnahmen in die hausärztliche Praxis gedrängt werden". Damit bezog sich Weber nicht nur auf die umstrittene Landarztquote bei der Zulassung zum Studium, sondern auch auf den Plan der Gesundheitsminister, der Allgemeinmedizin im Praktischen Jahr (PJ) am Studienende mehr Gewicht zu geben.

Wie die Ärztezeitung zuerst berichtet hat, sieht der Plan der Gesundheitsminister auch vor, das PJ umzubauen. Bislang bestand es aus drei Abschnitten, wobei je ein sogenanntes Tertial in der Chirurgie und eines in der Inneren Medizin absolviert werden musste; den dritten Teil konnten die Studenten frei wählen. In Zukunft soll das PJ aus vier Elementen bestehen, neben der Chirurgie und der Inneren Medizin soll nun auch eine Station in der ambulanten Versorgung - nicht aber zwingend in der Allgemeinmedizin - zur Pflicht werden. Das vierte Quartal bliebe frei wählbar, dieser Abschnitt des PJ wäre im neuen System aber etwas kürzer als im alten. Zudem sehe der Plan der Minister vor, dass das Fachgebiet Allgemeinmedizin zum Pflichtstoff im dritten medizinischen Staatsexamen werde. Der deutsche Hausärzteverband lobte den Schritt, entspricht er doch dem Interesse des Verbands nach einer Stärkung seiner Disziplin: Die Allgemeinmedizin sei "das wichtigste Fach in der Primärversorgung", sagte Vorsitzender Ulrich Weigeldt. Die Reform führe dazu, dass sich "mehr Studierende für den Hausarztberuf entscheiden".

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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