Es gibt ein frühes Foto von Marius Dilli. Das Westfälische Volksblatt hat den damals 17-jährigen Gymnasiasten an einer Ausgrabungsstätte in Paderborn abgelichtet. Er guckt unwesentlich lebendiger in die Kamera als das Pferdeskelett, das er freipinselt, aber man könnte wohl sagen, Marius Dilli hat keine Probleme mit Knochenjobs. Das trifft sich gut, denn sechs Jahre nach seinem Archäologie-Praktikum kommt nun wieder einer auf ihn zu.
Dilli, inzwischen Student der Geschichte und Politik an der Universität Kassel, ist Schatzmeister der dortigen Hochschulgruppe der Jungen Alternative (JA), der Jugendorganisation der AfD. In dieser Funktion ist er jüngst in das Studierendenparlament (Stu-Pa) gewählt worden und damit der erste Vertreter der Partei, dem dieser Schritt geglückt ist. Denn ungeachtet mancher Mär um wohlstandsverwahrloste Betriebswirtschaftler und wahlverwandte Burschenschafter geht es in den deutschen Hochschulparlamenten noch immer vergleichsweise links zu.
So auch in Kassel. Konservative Gruppen wie der Ring Christlich-Demokratischer Studenten treten hier gar nicht erst an. Auch die Flugblätter der Jungen Alternative wurden zuletzt eher recycelt als rezipiert. Und doch: 113 Stimmen genügten für einen Sitz im Parlament, auch weil sich von den 22 900 Studenten der Uni Kassel offenbar nur 3070 an die zurückliegenden Multiple-Choice-Tests erinnerten und daran, wie man ein Kreuzchen setzt.
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Marius Dilli will sich nur schriftlich zu seinem Wahlerfolg äußern. Er weiß: Es wird nicht leicht werden. Grüne und Jusos, mit je sieben Sitzen die stärksten Gruppen im Parlament, lehnen eine Zusammenarbeit ab. Seine Ziele? Wahlprogramm umsetzen natürlich: gegen Studiengebühren, für elternunabhängiges Bafög. Bis hierhin stünde einem Bier mit den Anarchisten vom Stu-Pa nichts im Wege. Wäre da nicht zum Beispiel die von der JA geforderte Abschaffung der Zivilklausel. Die besagt, dass Hochschulen nicht zu militärischen Zwecken forschen sollen. Ginge es nach Dilli, könnten Rüstungskonzerne wie die in Kassel ansässige Rheinmetall AG die Unis ruhig mehr fördern und fordern.
Den Schützenpanzer Puma, überwiegend in Kassel gebaut, wird Dilli aber wohl nie lenken. Die Bundeswehr lehnte seine Bewerbung ab. Seitdem widmet er sich der "Widerauferstehung des Landes der Dichter und Denker". Auch wenn sein Facebook-Account ihn als Wrestling- und Black-Metal-Fan ausweist. Dieses Laster teilt er eher nicht mit dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, wohl aber dessen "tiefe Zuneigung zu unserem Vaterland und zu unserem deutschen Volk", wie er sagt.
Es sei doch nichts Verwerfliches daran, seine Heimat zu lieben, so Dilli. Um Studierenden einen gesunden Patriotismus nahezubringen, will er künftig Ausflüge zu Denkmälern historischer Persönlichkeiten organisieren. Vielleicht geht es dann wieder an das Gräberfeld in Paderborn. Dort gibt es viel zu sehen, hauptsächlich Mittelalterliches.
