Schule:Dürfen Lehrer politisch Stellung beziehen?

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Wenn der Klassenkampf zum Wahlkampf wird. (Foto: Illustration: Jessy Asmus/SZ.de)

Der Lehrer ist Fan der AfD - und teilt das auch im Unterricht deutlich mit. Überschreitet er damit seine Kompetenzen?

Von Matthias Kohlmaier

Die Leserfrage

Ich finde, dass politische Bildung eine wichtige Aufgabe der Schulen ist - frage mich aber, was Lehrern erlaubt ist und was nicht. Der Deutschlehrer meines Sohnes sagte etwa letztens in der Klasse: "Die AfD tut den etablierten Parteien gut. Sonst dürfte ja bald jeder nach Deutschland kommen."

Ganz davon abgesehen, dass ich persönlich mit den meisten Ideen der AfD nichts anfangen kann, wüsste ich gerne allgemein: Ist so eine Aussage im Unterricht in Ordnung? Oder überschreitet der Lehrer seine Kompetenzen?

Die Antwort

Die politische Bildung an den Schulen richtet sich nach drei im "Beutelsbacher Konsens" (benannt nach dem Stadtteil des baden-württembergischen Weinstadt, in dem er 1976 ausgehandelt wurde) festgelegten Grundsätzen:

  • Überwältigungsverbot - Lehrkräfte dürfen Schülern nicht ihre Meinung aufzwingen, sondern müssen ihnen die Gelegenheit geben, sich selbst zu positionieren.
  • Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen.
  • Der Schüler muss in die Lage versetzt werden, eine politische Situation und seine eigene Interessenlage zu analysieren, sowie nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorgefundene politische Lage im Sinne seiner Interessen zu beeinflussen.

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Lehrer sollen Schüler also informieren, ohne sie zu indoktrinieren. Aber natürlich gehört es zu einer Diskussion, auch die eigene Meinung vertreten zu dürfen. Das ist auch bei Lehrkräften in Ordnung, auch für sie gilt während der Ausübung ihres Berufes die Meinungsfreiheit. Dennoch sollten sie ihre Worte mit Bedacht wählen, wie das bayerische Kultusministerium auf Anfrage erklärt:

"Schülerinnen und Schüler dürfen nicht einseitig beeinflusst werden. Persönliche Meinungsäußerungen sind daher im Unterricht deutlich als solche zu kennzeichnen. Lehrkräfte sind im Unterricht der parteipolitischen Neutralität verpflichtet."

Jede Form politischer Werbung an bayerischen Schulen ist per Gesetz verboten ( BayEUG, Artikel 84).

Aber wie sieht es in der Praxis aus? Die Gymnasiallehrerin für Deutsch und Geschichte, Anette Völker-Rasor, hat über den Politikunterricht an den Schulen kürzlich im SZ-Interview gesagt: "Ich finde es wichtig, dass wir als Lehrer politisch sichtbar werden und klar wird, wofür wir stehen." Es sei jedoch nicht ihre Aufgabe, Schüler von ihrer politischen Meinung zu überzeugen, "sondern sie ein Stück beim Älterwerden zu begleiten, sodass wir es später mit Menschen zu tun haben, die in ihrer Gemeinschaft aktiv sind und nicht nur auf ihr Smartphone schauen."

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Ähnlich sieht es ein Sozialkundelehrer eines niederbayerischen Gymnasiums: "Natürlich habe ich auch eine politische Meinung und natürlich kann und will ich die in Diskussionen mit meinem Schülern nicht komplett ausblenden. Bei aller persönlichen Überzeugung darf im Unterricht aber niemand den Eindruck bekommen, ich wäre im wahrsten Sinne des Wortes parteiisch." Wenn er seine Meinung in einen Kontext einbette und zur Diskussion stelle, sehe er kein Problem, selbst Stellung zu beziehen. "Ich will ja, dass die Schüler für ihre Ansicht streiten und dabei offen für andere Perspektiven bleiben. Und das probiere ich auch selbst."

Darf der Deutschlehrer Ihres Sohnes also seine Zustimmung für die Flüchtlingspolitik der AfD im Unterricht artikulieren? Ja und nein. Ja, wenn er es im Rahmen einer Diskussion tut und seine Aussagen nicht undifferenziert im Raum stehen lässt. Und nein, wenn er seine Meinung als einzige Wahrheit darstellt.

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