Pascal Grün ist 27 Jahre alt und unterrichtet als Referendar an einem bayerischen Gymnasium die Fächer Französisch und Spanisch. Auf SZ.de berichtet er regelmäßig über seine Erlebnisse als Referendar. Pascal Grün ist ein Pseudonym - zu seinem eigenen Schutz und zum Schutz der Personen, über die er schreibt. Ansonsten ist "Der Referendar" aber maximal offen und ehrlich.
Dass Kinder in Kita, Kindergarten und Grundschule fast ausschließlich mit Frauen konfrontiert sind, ist keine Neuigkeit. Doch zumindest an den weiterführenden Schulen, besonders dem Gymnasium, waren die Männer bis vor ein paar Jahren zahlenmäßig immerhin mit ihren Kolleginnen noch gleichauf. Mittlerweile aber gibt es an jeder Schulart in Deutschland mehr Lehrerinnen als Lehrer.
Bitte nicht falsch verstehen: Die weiblichen Lehrkräfte, die ich während meiner Schul- und Referendarszeit kennengelernt habe, haben keinen schlechteren Job gemacht als die Männer. Trotzdem finde ich es wichtig, dass es Schüler auch in Zukunft mit Lehrern beiderlei Geschlechts zu tun bekommen. Ein paar Anekdoten aus meinem Schulalltag sollen zeigen, was ich damit meine - und ein Plädoyer für mehr Männer im Lehrberuf liefern.
Vom Aussterben bedroht
"Liebe Kinder, heute lerne ich meine Nachfolgerin kennen." Mit diesen Worten kündigte meine Vorgängerin an der Einsatzschule meinen Antrittsbesuch an. Sie wusste, eine Lehrkraft namens Grün würde einige Spanisch- und Französischklassen übernehmen. Umso größer war ihre Überraschung bei der "Gegenüberstellung" im Lehrerzimmer. Hinter der verfrühten Einordnung steckte keine böse Absicht. Sie spiegelt lediglich den Umstand wider, dass männliche Lehrkräfte - gerade in den Sprachen und Geisteswissenschaften - selten vorkommen.
Das belegen sogar Zahlen: In meinem Referendar-Seminar stehen 24 Frauen gerade einmal vier Männern gegenüber. In den sprachspezifischen Fachseminaren bin ich sogar der einzige Mann. So führt das einseitige Geschlechterverhältnis beim Lehrernachwuchs allmählich auch dazu, dass die Gesamtheit der Lehrerkollegien zunehmend "verweiblicht".
Nicht, dass mir das neu wäre. Bereits im Leistungskurs am Gymnasium und später an der Uni fand ich mich überwiegend unter Frauen wieder. Immerhin freuten sich meine Seminarlehrerinnen (wie könnte es anders sein?), mal wieder einen männlichen Referendar ausbilden zu können. Schmunzeln lassen mich regelmäßig die Köpfe dienstlicher Emails: "Liebe Referendarinnen, lieber Referendar...", "Liebe Seminarteilnehmerinnen, lieber Pascal..." Über mangelnden Arten- oder Minderheitenschutz kann ich mich also nicht beklagen. Die Verhältnisse irritieren jedoch nicht nur mich.
Als das aufgeregte Getuschel zu Beginn meiner ersten Französisch-Stunde in einer 7. Klasse verstummt war, begrüßte ich die Schüler mit "Bonjour les élèves!" Der Chor nach dem noch einhelligen "Bonjour" kam jedoch merklich ins Stottern. Nur wenige Schüler waren - überrumpelt von der Tatsache, dass auf einmal ein Lehrer da vorn stand - zu der spontanen Transferleistung in der Lage, das gewohnte "Madame" durch das passende "Monsieur" zu ersetzen.