Zwölf Stämme:Sekten-Kinder verschwunden

Zwei Kinder der umstrittenen Sekte "Zwölf Stämme" sind verschwunden. Wenige Tage nachdem sie im September zu einer Pflegefamilie gekommen waren, setzten sich die Mädchen vermutlich in die Schweiz ab. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Von Stefan Mayr

Zwei Kinder der urbiblischen Glaubensgemeinschaft Zwölf Stämme sind bereits wenige Tage nach ihrer Inobhutnahme im September verschwunden und haben sich vermutlich in die Schweiz abgesetzt. Dies teilte das Landratsamt Donau-Ries am Montag mit.

Wie die Behörde bestätigt, werden die zwei Mädchen im Alter von 10 und 17 Jahren bereits seit 16. September vermisst. Elf Tage zuvor waren sie bei einer aufsehenerregenden Razzia in Deiningen (Kreis Donau-Ries) und Wörnitz (Kreis Ansbach) mit 38 weiteren Kindern von den Behörden abgeholt und an Kinderheime und Pflegeeltern verteilt worden. Zuvor hatte das Familiengericht den Eltern das Sorgerecht wegen des Verdachts auf Kindsmisshandlung entzogen.

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"Das ist so grausam, das können wir gar nicht alles zeigen": Filmaufnahmen mit versteckter Kamera zeigen, wie in der urchristlichen Glaubensgemeinschaft "Zwölf Stämme" Kinder wegen Nichtigkeiten geschlagen wurden - mit der Rute auf die nackte Haut.

Von Stefan Mayr

Die zwei verschwundenen Kinder lebten in einem Haus der Sekte in Wörnitz und wurden dann bei einer Pflegefamilie im Kreis Ansbach untergebracht. Am 16. September kamen sie nach dem Schulunterricht nicht mehr ins Haus der Pflegefamilie zurück. Die Pflegeeltern informierten sofort das Landratsamt Donau-Ries, dieses verständigte die Polizei und Staatsanwaltschaft und stellte Anzeige gegen Unbekannt wegen Entziehung Minderjähriger.

"Inzwischen liegt dem Landratsamt Donau-Ries der vermutliche Aufenthaltsort der Kinder in der Schweiz vor", teilt die Behörde mit, ohne nähere Angaben zu machen. Das Jugendamt sei im Kontakt mit den Schweizer Behörden, um die Rechtslage zu klären. Die Staatsanwaltschaft Ansbach ermittelt.

Nach Angaben des Jugendamts kostet die Betreuung der 22 im Kreis Donau-Ries ansässigen Sektenkinder etwa 700 000 Euro pro Jahr. Eine Unterbringung in einem Heim kostet etwa 130 Euro pro Tag. Der Aufenthalt bei Pflegeeltern ist billiger, aber nur fünf der 22 Kinder kamen in einer Familie unter.

© SZ vom 05.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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