Ziele der Parteien:Wirtschaftspläne für Bayern

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Vollbeschäftigung, flexible Ladenöffnungszeiten oder gleicher Lohn für Mann und Frau: Die wirtschaftspolitischen Ziele der Parteien in Bayern unterscheiden sich stark. Wer sich für die kommende Legislaturperiode was vorgenommen hat.

Von Marian Schäfer

CSU: Vollbeschäftigung

Für bessere Qualifizierung, gegen einen Mindestlohn

Bis 2018 will die CSU bayernweit Vollbeschäftigung erreichen. Das soll vor allem durch Qualifizierung möglich werden. Umfassen soll das jugendliche Schulabgänger, die alle eine berufsqualifizierende Ausbildung erhalten sollen über ältere Arbeitnehmer bis hin zu Arbeitssuchenden, damit diese wieder Fuß auf dem Arbeitsmarkt fassen können. Ablehnend stehen die Christsozialen dem Zuzug ausländischer Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten sowie einem gesetzlichen Mindestlohn gegenüber. Lohndumping soll durch branchen- und regionsspezifische Tariflöhne verhindert werden, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam aushandeln. Besonders gefördert werden sollen "innovative Unternehmen" durch einen Hightech-Bonus, der Investitionen in Forschung und Entwicklung ermöglichen soll.

Passend dazu will die CSU um Hoch- und Höchstqualifizierte in aller Welt werben. Wichtig ist der CSU auch die bäuerliche Landwirtschaft: Vielfalt soll erhalten bleiben, Familienbetriebe unterstützt, Einbußen bei EU-Agrarhilfen deshalb kompensiert werden und steuerliche Erleichterungen zum Beispiel beim Agrardiesel und bei Hoferübergaben Bestand haben. Beim Thema Mobilität verspricht die Regierungspartei, Bayerns Staatsstraßen zu sanieren und auszubauen - und setzt dabei auf öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) wie beim Ausbau der Autobahn A8 zwischen München und Ulm. Als mögliche ÖPP-Vorhaben sieht die CSU auch den Neubau der A94 sowie den Ausbau der A3 zwischen Würzburg und Nürnberg. Im Bund will sie 1,75 Milliarden Euro mehr für den Verkehrshaushalt fordern. Auch der Transport von Gütern auf der Schiene soll "attraktiver" und "effizienter" gemacht werden - zum Beispiel durch den Ausbau der strecke München-Freilassing.

Güter von der Straße auf die Schiene, gegen eine Pkw-Maut

Die SPD hat das von der Seitenzahl her längste Regierungsprogramm vorgelegt, was auch daran liegt, dass sie viele konkrete Vorhaben benennt. So sollen mehr Güter als bisher auf der Schiene transportiert und deshalb nicht nur die Franken-Sachsen-Magistrale elektrifiziert werden, sondern beispielsweise auch die für das sogenannte Chemiedreieck wichtige Strecke München-Mühldorf-Freilassing. Ebenso bekennt sie sich zum Bau der A94 und fordert den Ausbau der A3 zwischen Aschaffenburg und Nürnberg sowie der A6 zwischen Heilbronn und Nürnberg. Auch den Ausbau der A8 befürwortet die SPD. Dass Pkw-Fahrer für deren Benutzung zukünftig Maut zahlen sollen, lehnt die SPD ab, setzt sich aber für die Ausdehnung der Maut-Regelung für Lkw auf alle Bundes-, Staats- und Kommunalstraßen ein. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wollen die Sozialdemokraten nicht nur eine Verbesserung des Schulsystems etwa durch Gemeinschaftsschulen und individuelle Förderung.

Auch sollen Arbeitnehmer länger beschäftigt werden können. Die Bayern-SPD unterstützt zudem einen gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohn. Pläne hat die SPD auch für die Automobilbranche. Um den großen Herausforderungen der Zukunft wie der Elektromobilität gewachsen zu sein, will sie eine Landesagentur gründen und eine Landesinitiative starten, die sich mit den Veränderungen befasst. Während sie der CSU und FDP vorwirft, nur in "Leuchtturmprojekte" zu investieren, will die SPD traditionelle Branchen wie die Glas- und Porzellanindustrie sowie Gießereien stärken. Außerdem auf der Agenda: Mindestens 1000 zusätzliche Steuerprüfer, eine Frauenquote von 50 Prozent in Führungspositionen des öffentlichen Dienstes und der Umbau der Bayerischen Landesbank nach dem Vorbild der Kreditanstalt für Wiederaufbau, um Existenzgründungen zu erleichtern.

Gleicher Lohn für Mann und Frau, Lkw-Maut auf allen Straßen

Die Wirtschaft steht im Grünen-Programm gleich an erster Stelle. Sie soll in Zukunft ökologisch und sozial sein. So wollen sie nicht nur ein völlig neues Landesentwicklungsprogramm auflegen, das sich mehr auf Ressourcenschonung konzentriere. Das derzeitige Programm setze nach Grünen-Meinung falsche Anreize beim Flächenverbrauch. Zudem wollen sie die Energiewende explizit einbeziehen. Die Grünen wollen ein Unternehmensregister einführen, das nicht nur Steuerhinterziehung und Kartelldelikte, sondern beispielsweise auch illegale Beschäftigung festhält. Um das wirtschaftliche Gefälle innerhalb Bayerns abzumildern, setzen die Grünen auf regionales und dezentrales Wirtschaften. Die Wertschöpfung soll in den Regionen verbleiben, regionale Wertschöpfungsketten, also ganze Wirtschaftskreisläufe und Märkte entstehen und die Bezirke damit unabhängiger werden. Genossenschaften sowie landwirtschaftliche Erzeuger- und Dorfladeninitiativen seien dabei zentral. Auch alternative Tausch-und Regionalgeldnetze bezeichnen die Grünen als spannend. Bei der Gleichstellung wird gleiche Bezahlung von Mann und Frau gefordert.

Darüber hinaus soll im öffentlichen Dienst eine Quote für die Besetzung von Gremien auf allen Ebenen eingeführt werden. Um Druck auf die Privatwirtschaft auszuüben, wollen die Grünen die Umsetzung von Gleichstellungsmaßnahmen auch bei der Auftragsvergaben des Staates berücksichtigen. Hätten die Grünen es in der Hand, würde die Lkw-Maut auf alle Straßen ausgeweitet und der Güterverkehr auf die Schiene verlagert. Begleitet würde dies von einer Ausbau- und Elektrifizierungsoffensive unter anderem auf den Strecken: München-Mühldorf-Freilassing-Salzburg, München-Memmingen-Lindau, Regensburg-Hof, Landshut-Passau, Nürnberg-Hof sowohl über Marktredwitz als auch über Bayreuth und Augsburg-Buchloe-Kempten-Lindau. Den Ausbau von Flughäfen lehnen sie insgesamt ab.SCHAE

Flexible Ladenöffnungszeiten, gezielte Zuwanderung

Während die CSU 2018 anpeilt, will die FDP bereits 2015 bayernweite Vollbeschäftigung in allen Landesteilen Bayerns erreicht haben. Subventionen sollen dafür genauso abgebaut werden wie Bürokratie, Schulden getilgt und "Zukunftsinnovationen" etwa in der Energie-, Bio-, Nano- und Informationstechnologie getätigt werden. Im Unterschied zu den großen Parteien will die FDP außerdem die Ladenöffnungszeiten liberalisieren. Einzelhändler sollen selbst festlegen können, wie lange sie werktags ihr Geschäft geöffnet lassen. Zudem soll auf kommunaler Ebene selbständig entschieden werden dürfen, ob Händler auch an Sonntagen ihren Laden öffnen können. Den Mittelstand sieht die FDP - wie die anderen Parteien auch - als zentral für Bayerns Wirtschaft an. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzen auch die Freidemokraten vor allem auf die Qualifizierung von Jugendlichen und älteren Menschen.

Anders als ihr Koalitionspartner CSU ist die FDP offen für eine gezielte Zuwanderung aus dem Ausland. Weil für die FDP Wohlstand vor allem durch Innovation entsteht, will die Partei ihr Modell der Innovationsgutscheine für kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe ausbauen. Langfristig will sie das Ziel erreichen, dass 3,6 statt aktuell 2,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung ausgegeben werden. Massiv will die FDP in die Verkehrsinfrastruktur investieren - in Schienen, Straßen, Flughäfen. Unter zahlreichen Projekten finden sich der sechsspurige Ausbau der A3, A6 und A8 sowie der Neubau der A94. Im Zugverkehr will sie etwa die Neufahrner Kurve, den Erdinger Ringschluss und die Walpertskirchener Spange verwirklichen. Außerdem kündigt die FDP an, weiter für die dritte Startbahn am Münchner Flughafen zu werben, aber auch die Airports in Memmingen und Nürnberg zu stärken.

Ende der Grünen Gentechnik, Stärkung bäuerlicher Betriebe

Die Freien Wähler sind in ihren Forderungen meist kurz und knapp, nennen wenig Details. So wollen sie die Rahmenbedingungen für Existenzgründer verbessern und ein Ladenschlussgesetz mit klaren Regelungen zum Verkauf an Tankstellen und Bahnhöfen sowie zu Öffnungszeiten und Event-Shopping. Zudem sollen Unternehmen stärker im Innovationswettbewerb unterstützt werden, zum Beispiel bei E-Mobilität, erneuerbaren Energien, Speicher- und Biotechnologie. Details nennen die FW zu diesen Punkten nicht. Konkreter werden sie beim geforderten Bürokratieabbau - etwa bei staatlichen Zuschüssen, Genehmigungsverfahren oder der Tachografenpflicht für bayerische Handwerker. Einen allgemeinen Mindestlohn lehnen die FW ab, setzen stattdessen auf regions- und branchenspezifische Lohnuntergrenzen und treten dafür ein, dass Mann und Frau für die gleiche Arbeit gleich bezahlt werden.

Die Leiharbeit soll nach den Vorstellungen der Partei auf die Abdeckung von Auftragsspitzen eingegrenzt werden. Mit die meisten Forderungen stellen die Freien Wähler im Bereich der Land- und Forstwirtschaft auf. So sollen etwa die bäuerliche Landwirtschaft erhalten, Familienbetriebe und die Position der Landwirte innerhalb der Wertschöpfungskette gestärkt werden. Sie fordern eine Rücknahme der Besteuerung von Biodiesel und ein Ende der Grünen Gentechnik in der Landwirtschaft. Auch die Freien Wähler streben an, den Güterverkehr von Straßen auf Schienen und Wasserwege zu verlagern. Die Neufahrner Kurve soll deshalb ausgebaut, die Strecken München-Mühldorf-Freilassing und München-Lindau elektrifiziert werden. Den Staustufenausbau der Donau lehnen sie genauso ab wie eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen. Stattdessen wollen die FW andere bayerische Flughäfen stärken, zum Beispiel Nürnberg.

© SZ vom 10.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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