Wassertrüdingen:Gratis-Haus wird zum Pilgerort

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Das Haus gibt es umsonst, doch die Sanierung wird teuer. Dennoch hat das Angebot der Stadt Wassertrüdingen viele Interessenten auf den Plan gerufen. Im Rathaus türmen sich die Anfragen - und die Altstadt erlebt einen Besucheransturm.

Tobias Dorfer

Das Telefon stand nicht mehr still. Immer wieder musste Andrea Schülein von der Stadtverwaltung Wassertrüdingen Fragen beantworten, Informationen weitergeben, Email-Adressen notieren - und all das nur wegen des Gratis-Hauses.

Dieses Haus hat die Stadt Wassertrüdingen kostenlos abzugeben. (Foto: oh)

In der vergangenen Woche hatte die Stadt angekündigt, ein kleines Haus in der malerischen Altstadt zu verschenken. Natürlich nicht einfach so: Das zweistöckige Häuschen im "Steingruber-Stil" mit Zwerchgiebel und einer Wohnfläche von 210 Quadratmetern muss in absehbarer Zeit teuer saniert werden. Mit Kosten von 200.000 bis 250.000 Euro rechnet Geschäftsleiter Peter Schubert. Bis zur Landesgartenschau, die im Jahr 2019 in Wassertrüdingen stattfindet, soll das Häuschen wieder in altem Glanz erstrahlen.

Diese recht hohe Investitionssumme scheint jedoch nur wenige abzuschrecken. Nachdem viele Medien über die Offerte des mittelfränkischen Städtchens berichtet hatten, meldeten sich 80 Interessenten, sagt Schubert zu Süddeutsche.de - "und es werden stündlich mehr". Am vergangenen Freitag hat die Stadt bereits 40 Interessenten durch das Haus geführt. Doch als Schubert am Montagmorgen seinen Computer hochfuhr, waren schon wieder einige Mails zum Thema "Gratis-Haus" im Posteingang. Und die Nachbarn berichten, dass Wassertrüdingen am Wochenende zu einem wahren Pilgerort geworden wäre - fast durchgehend hätten Menschen vor dem Steingruber-Häuschen gestanden.

Einheimische seien unter den Interessenten, Ärzte, sogar ein Denkmalschützer, heißt es von der Stadt. Und natürlich stünden auch die Träumer auf der Matte. Menschen, die vor allem das Gratis-Angebot sehen, sofort einziehen wollen und nicht die Investitionen im Auge hätten. "Erst große Versprechen und dann wird es am Ende nur ein Luftei", sagt Geschäftsleiter Schubert. "Das wollen wir nicht."

Jetzt muss jeder Interessent erst einmal ein Konzept schreiben, in dem er seine Pläne erläutert. Im September soll der Bauausschuss entscheiden, wer den Zuschlag erhält. "100 Prozent euphorisch" ist Schubert noch nicht, dass am Ende tatsächlich ein neuer Besitzer gefunden wird, der die notwendigen Mittel aufbringt. Sonst muss das Haus abgerissen werden. Schubert hat auch schon recherchiert, was diese Lösung kosten würde: etwa 30.000 Euro. Geld, das sich die Stadt natürlich am liebsten sparen würde.

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