Warnung von Städtetagchef Maly:Neue Furcht vor Privatisierungen

Lesezeit: 1 min

"Wir müssen sehr wachsam sein": Städtetagchef Maly befürchtet eine neue Liberalisierungswelle in Europa - denn derzeit laufen Verhandlungen über zwei Freihandelsabkommen, die erneut die Hoheit über die Trinkwasserversorgung bedrohen könnten.

Von Christian Sebald

Es war ein harter Kampf, ehe die EU-Kommission im Sommer ihre Pläne für eine Privatisierung der kommunalen Trinkwasserversorgungen hat fallen gelassen. Jetzt, kein halbes Jahr später, befürchten viele Bürgermeister und Oberbürgermeister neues Ungemach. Derzeit laufen die Verhandlungen über zwei globale Freihandelsabkommen, in deren Folge erneut die Hoheit der Städte und Gemeinden über die Trinkwasserversorgung auf dem Spiel stehen könnte.

"Die neue Liberalisierungswelle ist deshalb so gefährlich, weil die mit transatlantischer Wucht kommt", sagte der Nürnberger OB und Vorsitzende des bayerischen Städtetags, Ulrich Maly (SPD). "Wir müssen sehr wachsam sein."

Wie schon bei den damaligen Bestrebungen der EU-Kommission sollen bei den Freihandelsabkommen auch öffentliche Dienstleistungen liberalisiert werden. Das würde laut Maly nicht nur die Trinkwasserversorgung betreffen. "Sondern auch die Abwasser- und die Müllentsorgung, den Verkehr, kommunale Gesundheitsleistungen, Bildungsangebote und anderes mehr." Zwar habe das EU-Parlament eine Resolution verabschiedet, nach der die Trinkwasserversorgung und andere sensible öffentliche Dienstleistungen von Liberalisierungsbestrebungen ausgenommen bleiben sollen. Aber Maly zweifelt daran, ob damit "tatsächlich die Interessen der Kommunen ausreichend geschützt sind". Zumal die Verhandlungen über die Freihandelsabkommen bisher hinter verschlossenen Türen liefen.

Zugleich verlangte Maly, dass die neue Staatsregierung das eben erst verabschiedete Landesentwicklungsprogramm (LEP) überarbeitet. Ex-Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) habe zu viel Wildwuchs bei Einkaufszentren und Gewerbegebieten auf dem Land zugelassen. "Das ist aber keine Strukturpolitik und hilft auch den schwachen Regionen nicht", sagte Maly und forderte weitere Behördenverlagerungen sowie die Ansiedlung von Hochschuldependancen auch in kleineren Städten. Auch beim Erhalt des Straßen- und Verkehrsnetzes will Maly Freistaat und Bund stärker in die Pflicht nehmen. "Das Verkehrswesen der Städte und Gemeinden ist chronisch unterfinanziert", sagte Maly und verlangte eine Aufstockung der Fördermittel des Bundes für kommunalen Straßenbau und Nahverkehr um 600 Millionen auf 1,96 Milliarden Euro im Jahr.

© SZ vom 09.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: