Wallenfels:Ein Ort in Trauer

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Wie Wallenfels den Fund von acht Babyleichen verarbeitet

Von Katja Auer, Wallenfels

Die Kerzen vor dem Haus sind verschwunden, und es ist wieder ruhig geworden in Wallenfels. Zumindest wirkt es so. Im November hat die Polizei in einem Haus in dem oberfränkischen Ort acht tote Babys gefunden. Umgebracht vermutlich von der eigenen Mutter. Zumindest sechs der Kinder sollen lebensfähig gewesen sein, hat die Obduktion ergeben. Wann die Säuglinge gestorben sind, war nicht mehr festzustellen. Die Mutter sitzt in Untersuchungshaft, im Januar soll Anklage erhoben werden. "Jeder versucht, den Weg zurück in die Normalität zu finden", sagt Bürgermeister Jens Korn. Die Leute brachten Kerzen und Blumen zu dem Haus und feierten Gottesdienste miteinander. "Das war für alle wichtig, um das irgendwie zu verarbeiten", sagt Korn. Wie alle Wallenfelser hätte auch er nicht gedacht, dass so etwas passieren könnte in dem 3000-Einwohner-Ort im Frankenwald. Dort, wo man sich gegenseitig hilft.

Eine Anwohnerin hatte die Polizei gerufen, als sie in der Wohnung ein totes Kind entdeckt hatte. In einer Abstellkammer fanden die Beamten dann die Überreste von acht Säuglingen, eingewickelt in Tücher und verpackt in Plastiktüten. Die 45-jährige Mutter war kurz zuvor aus dem Haus mitten im Ort, unterhalb der Kirche, ausgezogen, sie wurde später in einer Pension in Kronach festgenommen. Dort hatte sie sich mit ihrem neuen Lebensgefährten eingemietet. Sie hat gestanden, im Lauf der Jahre mehrere Kinder zur Welt gebracht und getötet zu haben. Von den Schwangerschaften soll niemand etwas mitbekommen haben. Die Leichen verwahrte sie in dem Abstellraum, der stets abgesperrt gewesen sein soll. Vater der Babys war ihr Ehemann, mit dem sie 15 Jahre lang in dem Haus in Wallenfels lebte. Eine genetische Untersuchung belegte das und entkräftete damit allerlei wilde Spekulationen über verschiedene Väter, die kurze Zeit durch die Boulevardmedien geisterten. Gegen den Mann bestehe ein gewisser Tatverdacht, so formuliert es eine Polizeisprecherin, er wurde aber nicht verhaftet. Er lebt weiter mit mehreren Kindern in dem Haus in Wallenfels. Das Paar hatte gemeinsame Kinder und welche aus früheren Beziehungen.

Warum die Frau ihre Kinder getötet hat, das ist nicht bekannt. Bürgermeister Korn jedenfalls will verhindern, dass so etwas noch einmal passiert. Deswegen gebe es gerade Gespräche mit den Kirchen und der Caritas, sagt er, man will Konsequenzen aus der Tragödie ziehen. Die Frau hat offenbar keine Hilfe gesucht oder keine angenommen. Nun soll überprüft werden, ob es passende Angebote gibt.

© SZ vom 30.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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