Wachsender Zorn über Stoiber:"So macht er sich den Abschied schwer"

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In der CSU-Fraktion versteht man das wiederholte Foulspiel Stoibers gegen seine möglichen Nachfolger Beckstein und Huber nicht.

Sebastian Beck und Kassian Stroh

Die Insignien der Macht funktionieren noch. Mehr als eine Stunde kam Edmund Stoiber am Montagabend zu spät zur Feier des 60. Geburtstages seines Ministers Thomas Goppel.

Edmund Stoiber macht seinen Nachfolgern das Leben schwer (Foto: Foto: ddp)

Die Festgesellschaft, 700 Köpfe stark, hatte sich längst im Saal versammelt, Goppel hielt eine Begrüßungsrede, da wurde er plötzlich von lauter Blasmusik draußen vor der Tür unterbrochen. Der Defiliermarsch. Und jeder wusste: Jetzt kommt Stoiber. Ein Auftritt, als hätten alle nur auf ihn gewartet.

Wie soll es einem Politiker, der solcherart begrüßt wird, schon leicht fallen zu akzeptieren, dass das im Herbst alles zu Ende sein wird? So fragen sich Stoibers Parteifreunde, dies ist Stoff für Tischgespräche bei Anlässen wie Goppels Geburtstag.

Böse Fouls

Gleichzeitig wächst ihr Zorn auf Stoiber, vor allem bei den Kollegen der Landtagsfraktion. So dankbar sie ihm im Januar waren, dass er bereit war zu gehen, so sauer sind sie allmählich, dass Stoiber ihnen eine achtmonatige Hängepartie eingebrockt hat.

Und dass er, so ihr Vorwurf, mit jedem Tag mehr dazu neigt, böse Fouls zu spielen. Das aktuellste Beispiel dafür: Am Wochenende hatte der Münchner Merkur berichtet, die CSU-Fraktion wolle Beckstein schon in den nächsten Wochen "vorzeitig" zum Nachfolgekandidaten wählen.

Angeblich wachse die Sorge, Stoiber werde seine Abmachung in Frage stellen, wonach er bis Ende September geht. Am Montag meldete sich dann Stoiber zu Wort: "Ich bin eher skeptisch, ob das wirklich als Zeichen von Souveränität und gutem Stil empfunden würde", sagte er über die angebliche Schnell-Nominierung.

Mitglieder der CSU-Fraktion reagierten verärgert auf die Spekulationen und Stoibers Äußerung. Denn ein Termin für die Nominierung Becksteins steht noch nicht fest, in der Fraktion wurde darüber noch nicht einmal gesprochen.

Lediglich Fraktionschef Joachim Hermann und Stoiber haben darüber vergangene Woche kurz unter vier Augen geredet - ohne eine Vorentscheidung zu treffen.

Schienbeintritte von Stoiber

Abgeordnete vermuten, dass die Staatskanzlei eine gezielte Indiskretion beging und das Gespräch auf eine eigenwillige Weise interpretierte. "Das ist alles aus der Luft gegriffen", sagt Fraktionsvize Thomas Kreuzer über die vermeintlichen Nominierungspläne.

Dass Beckstein vor seiner Wahl zum Ministerpräsidenten als Kandidat nominiert werde, sei doch völlig klar. In Anspielung auf die Staatskanzlei fährt Kreuzer fort: Wer fordere, dass jetzt keine Diskussionen geführt werden dürften, der müsse sich auch selbst daran halten.

Andere Mitglieder der Fraktion äußern sich ebenfalls ungehalten: Für eine vorgezogene Nominierung Becksteins gebe es keinerlei Anlass. Seine Wahl zum Ministerpräsidenten sei in der Fraktion völlig unstrittig.

Warum Stoiber seinen designierten Nachfolgern Beckstein und Huber immer wieder gegen das Schienbein tritt, das weiß keiner so genau. Ist es die Rache für den Sturz von Kreuth? Ist es der Versuch, es seinen Nachfolgern möglichst schwer zu machen, um selber umso glänzender dazustehen?

Wer mit wem zusammensitzt

Oder gibt es vielleicht gar kein Kalkül, sondern Stoiber wird von Tag zu Tag unberechenbarer, je näher sein Abschied rückt? Nur so viel ist klar: Leichter wird der dadurch nicht.

Die Partei sei ja bereit, Stoiber den Abschied so schön wie möglich zu machen, sagt einer aus der Parteispitze. Durch solche Aktionen aber "macht er sich den Abschied schwer - das mehrt seinen Ruhm nicht". In der CSU wächst die Sorge, wie das die nächsten fünf Monate weitergehen soll.

Wenn die Stimmung schon jetzt derart gereizt ist, wie dann erst im Sommer? Gestern fuhr die Fraktion samt Stoiber und dessen Nachfolgern für drei Tage nach Südtirol - zu einem Arbeitsbesuch. Da werde interessiert beobachtet, sagte ein Abgeordneter, wer da abends mit wem am Tisch zusammensitze.

© SZ vom 02.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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