Vereinswechsel mit Folgen:Wenn ein Buchstabe 23 Punkte kostet

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Die U19 des FC Ismaning hat in der Bezirksoberliga fünf Mal gewonnen. Doch in der Tabelle ist der Verein Letzter - mit -4 Punkten. Schuld sind eine E-Mail ohne Unterschrift und ein Schreibfehler.

Von Christoph Leischwitz

Auf den ersten Blick wirkt er wie Fliegendreck, der ungewohnte Strich in jener Spalte der Tabelle, wo sonst die Punkte stehen, die eine Fußballmannschaft erspielt hat. Bei den A-Junioren des FC Ismaning, steht da allerdings "-4", dabei haben sie in der Bezirksoberliga schon fünf Spiele gewonnen. Für kurze Zeit dürfte sich auch die SpVgg Altenerding gewundert haben, dass sie mit null Punkten und einem Torverhältnis von 14:52 nicht mehr Letzter ist.

Der Vorfall, der zu jener "-4" führte, hat in den vergangenen Wochen allen Beteiligten noch mehr Nerven als Punkte gekostet. Insgesamt 23 Zähler hat die U19 des FC Ismaning am grünen Tisch verloren. Das Kuriose an diesem Urteil ist, dass den vermeintlich Schuldigen laut seinem Trainer überhaupt keine Schuld trifft. Marcel Nirschl ist ein 17-jähriger Mittelfeldspieler und wechselte im vergangenen Sommer vom SC Fürstenfeldbruck ligaintern nach Ismaning - dachte er zumindest. Sein Vater hatte ihn per Email beim SCF abgemeldet. Das war der erste Fehler - ohne eine Unterschrift auf Papier blieb die elektronische Post ohne Wirkung. Anschließend schrieb Ismanings Jugendleitung Nirschls Namen auf dem Passantrag falsch - das "r" fehlte. Beim Bayerischen Fußball-Verband (BFV) fanden sie keinen "Nischl" in der Datenbank, und so machten sie kurzerhand aus einem Antrag auf Vereinswechsel einen Neuantrag. In diesem Moment wurde Nirschl, vermutlich ohne es zu wissen, eine gespaltene Fußball-Persönlichkeit.

Dies flog allerdings erst auf, als Ismaning Anfang Oktober gegen Fürstenfeldbruck spielte und Nirschl kurz vor Schluss eingewechselt wurde. Nach dem Spiel kramten die Brucker plötzlich Nirschls gültigen Pass hervor - nachdem deren ehemaliger Spieler schon an vier Ismaninger Siegen beteiligt gewesen war. So wirft die Angelegenheit auch auf die Amperstädter kein gutes Licht. Ismanings Trainer Harry Lutz berichtet, dass ein SCF-Verantwortlicher nach dem Spiel gesagt haben soll: "Wenn wir gewonnen hätten, hätten wir wahrscheinlich sowieso nichts gemacht." Andererseits: Ohne den SCF würde es wahrscheinlich immer noch einen Nirschl und einen Nischl geben. Selbst in den Spielberichten auf der Website des FC Ismaning wurde sein Name falsch geschrieben.

Mengenrabatt bei Punkten

Das Strafmaß wirkt harsch, was jedoch nur daran liegt, dass der Fehler wochenlang unentdeckt blieb. Nun mussten eben fünf Siege in Niederlagen umgewandelt werden, bei den zusätzlichen acht Punkten Strafe handelt es sich ohnehin schon um eine Art Mengenrabatt. In erster Instanz hatte das Sportgericht ursprünglich zwei Minuspunkte mehr aufgebrummt.

Beim Verband weist man zudem darauf hin, dass die Sorgfaltspflicht bei Passanträgen klar bei den Vereinen liege, schon allein deshalb, weil man in den Sommermonaten bis zu 2000 Anträge täglich erhalte. "Wenn auf einem Antrag etwas fehlt, schickt der BFV ihn normalerweise aber zurück", kontert Lutz. Er akzeptiert die zusätzliche Geldstrafe von 500 Euro - dass Nirschl Leidtragender sein soll, versteht der Coach aber nicht. "Er ist in jedem Training dabei, ist fleißig und wird immer besser", sagt Lutz. Doch Nirschl ist eben auch noch bis Juli gesperrt.

Deshalb hat der Verein nun einen Rechtsanwalt eingeschaltet, um zu prüfen, was man noch gegen das Urteil ausrichten kann. Was Lutz besonders aufregt, ist, dass "alles so hingestellt wurde, als hätten wir das mit Absicht gemacht". Beim BFV ist eine Digitalisierung des Passverkehrs geplant, die künftigen Ärger ersparen könnte. Und Ismanings Trainer Lutz sagt, er habe nun einen Anruf vom Verband erhalten - man werde die ganze Sache noch einmal intern prüfen. Aktuell hat Ismaning noch 18 Punkte Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz. Dort steht Forstenried. Mit 14 Punkten.

© SZ vom 25.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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