Urteil gegen Pfahls vertagt:Das versteckte Vermögen des Staatssekretärs

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Überraschung am Augsburger Landgericht: Ex-Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls hatte den Betrug gestanden, eigentlich sollte nun das Urteil gesprochen werden. Doch dann plädiert der Verteidiger des mitangeklagten Geschäftsmanns Dieter Holzer auf Freispruch für seinen Mandanten - und das Gericht vertagt sich.

Hans Holzhaider

Alles schien gesagt zu sein, alle Angeklagten hatten ein Geständnis abgelegt, Staatsanwalt und Verteidiger hatten ihre Plädoyers gehalten, nur das Urteil fehlte noch - aber dann kam doch alles ganz anders. Statt sich zur Urteilsberatung zurückzuziehen, vertagte sich das Gericht, um am Mittwoch noch einmal in die Beweisaufnahme einzutreten.

Anstatt Prozesskosten und Steuerforderungen zu begleichen, gab sich der ehemalige Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls stets als mittellos aus. In Wirklichkeit hatte er Millionen im Ausland gebunkert. (Foto: Reuters)

Der ehemalige Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls, seine Ehefrau Viorica und der Geschäftsmann Dieter Holzer müssen möglicherweise noch länger auf ihre Urteile warten. Immerhin wissen sie schon mal, was Staatsanwalt Marcus Peintinger sich vorstellt. Für Pfahls forderte der Ankläger fünf Jahre Haft, Ehefrau Viorica soll für zwei Jahre und neun Monate und Dieter Holzer für zwei Jahre und drei Monate ins Gefängnis.

Es war der Rechtsanwalt Dirk Lammer, einer der Verteidiger Holzers, der den vorgesehenen Ablauf in letzter Minute durcheinanderbrachte. Am Vormittag noch hatten Lammer und sein Co-Verteidiger Gerhard Decker für ihren Mandanten ein Schuldgeständnis abgelegt: Herr Holzer räume ein, dass er Beihilfe zum Bankrott des Angeklagten Pfahls geleistet und sich dadurch strafbar gemacht habe. Holzer selbst antwortete auf die Frage, ob er sich diese Erklärung zu eigen mache, hörbar unwillig: "Notgedrungen ja".

Dann aber beantragte Verteidiger Lammer in seinem Schlussplädoyer zur Verblüffung des Gerichts Freispruch für seinen Mandanten. Es habe gar keinen Bankrott des Herrn Pfahls gegeben, folglich könne Holzer auch keine Beihilfe dazu geleistet haben. Der Vorsitzende Richter Rudolf Weigell ordnete sehr schmallippig die Verlesung des Protokolls vom Vormittag an und verkündete dann nach kurzer Beratung: Heute kein Urteil mehr, man werde das alles noch mal gründlich hinterfragen.

Der Sachverhalt, der Ludwig-Holger Pfahls und seinen Mitangeklagten zur Last gelegt wird, schien nach nur sechswöchiger Verhandlung weitestgehend aufgeklärt zu sein. Pfahls war im August 2005 zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden, weil er in seiner Amtszeit als Staatssekretär im Verteidigungsministerium von dem Lobbyisten Karlheinz Schreiber Schmiergeld in Höhe von 3,8 Millionen Mark angenommen hatte.

Bar auf die Hand hatte er allerdings nur 873.000 Mark bekommen, der Rest blieb auf einem Schweizer Konto liegen und wurde von Schreiber in der Folgezeit für andere Zwecke verbraucht. Für dieses Geld hatte er keine Steuern bezahlt. Verurteilt wurde er wegen Vorteilsnahme und Steuerhinterziehung. Bis heute wird vor den Finanzgerichten darüber gestritten, ob Pfahls nur für die tatsächlich erhaltenen 873.000 Mark oder für die gesamten 3,8 Millionen Mark steuerpflichtig war.

Weil Pfahls befürchtete, dieser Rechtsstreit könne gegen ihn entschieden werden, entschloss er sich, sein nicht unbeträchtliches Vermögen vor den Behörden in Sicherheit zu bringen. Eine Villa in Südfrankreich verkaufte er zum Schein an einen südafrikanischen Strohmann und später tatsächlich an einen Russen; den Erlös von 2,25 Millionen Euro deponierte er in der Schweiz und auf den Bahamas auf Konten, die auf den Namen seiner dritten Ehefrau liefen.

Bei diesen Geschäften leistete Dieter Holzer umfangreiche Hilfe. Eine Million investierte er in eine Immobilienfirma, die aber pleite ging - das Geld war verloren. Auch seinen damaligen Verteidiger spannte Pfahls für seine Zwecke ein; 800.000 Euro flossen auf ein Konto des Anwalts und wurden zum Teil von dort als Scheindarlehen weitervergeben.

All das hatten Pfahls und seine Ehefrau ausführlich gestanden, was zur Folge hatte, dass der Prozess deutlich schneller zu Ende ging als vorgesehen. Erst vor drei Wochen schloss Pfahls auch eine Vereinbarung mit dem Finanzamt. 450.000 Euro hatte die Behörde schon beschlagnahmt, mit einer weiteren Zahlung von 653.000 Euro sind nun alle Steuerschulden getilgt. Auch die 91.000 Euro Gerichtskosten für den ersten Prozess in Augsburg sind beglichen. Falls das Finanzgericht zu dem Ergebnis kommt, dass Pfahls für die Schreiber-Millionen nicht steuerpflichtig ist, hätte er sogar Anspruch auf eine Rückerstattung von 170.000 Euro.

"Pfahls hat reinen Tisch gemacht. Er hat ein von Reue und Einsicht getragenes Geständnis abgelegt. Er bedauert unendlich, seine Ehefrau und andere in diese Sache hineingezogen zu haben", sagte Pfahls' Verteidiger Walter Lechner in seinem Plädoyer. "Nehmen Sie ihm ab, dass er in Zukunft steuerehrlich und rechtstreu leben will und geben Sie ihm eine faire Chance für einen Neubeginn".

© SZ vom 08.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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