Unterfranken:Fachwerk wie im Bilderbuch

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Das unterfränkische Königsberg prunkt mit seinen vielen historischen Gebäuden. Über dem Städtchen, das im Dreißigjährigen Krieg fast völlig zerstört wurde, thront die Ruine der Reichsburg, die einst von Kaiser Friedrich Barbarossa erbaut worden ist

Von Katja Auer, Königsberg

Dass Walter Schneider kein echter Königsberger sein soll, mag man nicht so recht glauben. Er weiß, dass die "Goldene Röhre" ihren Straßennamen daher hat, dass dort ein Brunnen stand, der selbst im trockensten Mittelalter noch Wasser führte und deswegen mehr wert war als Gold. Er erzählt, dass Königsberg so schnell protestantisch wurde, quasi über Nacht, dass die vormals katholische Marienkirche heute immer noch so heißt. Und er kennt so viele Details über das hübsche Fachwerk-Städtchen, dass es gar nicht so einfach ist, seiner Hand zu folgen, die einmal hierhin und gleich wieder dorthin zeigt. Es gibt aber auch viel zu sehen in Königsberg in Unterfranken, dessen altes Stadtbild keine Leuchtreklame und kein grelle Schaufensterdekoration stört. Schon 1970 erließ die Stadtverwaltung eine Verordnung zum Schutz der Altstadt, die Förderungen für jene vorsah, die das Fachwerk wieder freilegten und ihre Häuser sanierten. Dennoch ist Königsberg keine wunderbar erhaltene mittelalterliche Stadt, die meisten Häuser stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Denn der Dreißigjährige Krieg hinterließ tiefe Wunden im Ort. "Nur noch 20 Prozent der Bausubstanz waren nutzbar", sagt Schneider, und von den früher 2000 Einwohnern der Stadt, die durch den Salzhandel zu Wohlstand gekommen war, lebten nur noch 500. "Davon haben wir uns nie mehr erholt", sagt Schneider. Heute hat die Stadt 1250 Einwohner, 3800 sind es inklusive der eingemeindeten Dörfer.

Walter Schneider, der Experte, ist aus den Haßbergen zugezogen, aber nach 40 Jahren in der Stadt werde er als Königsberger akzeptiert, sagt er. Wenngleich er kein "Küngsberger" ist, wie die Einheimischen heißen. Der 68-Jährige war lange Leiter der Stadtverwaltung und heute engagiert er sich in vielen Vereinen und macht dazu um die 80 Stadtführungen im Jahr. Touristen kommen nach Königsberg, "in guten Zeiten zu viele, in schlechten zu wenig für alle", sagt Schneider. Es sind meist Tagesbesucher, die das romantische Städtchen bald durchlaufen haben, es könnten aber ein paar mehr sein. Denn besonders viel Geld ließen sie nicht da, sagt Schneider.

Die meisten Fachwerkhäuser in Königsberg stammen aus dem 17. und dem 18. Jahrhundert. (Foto: Matthias Hoch)

Er hätte den berühmtesten Sohn der Stadt, den Astronom Johannes Müller, nach seiner Geburtsstadt genannt Regiomontanus (1436-1476), gerne noch mehr gewürdigt, die Pläne für ein kleines Museum sind längst fertig, ein Haus gefunden. Auch die Zuschüsse waren schon organisiert, allerdings hat Königsberg eine derart leere Stadtkasse, dass das Projekt bisher nicht verwirklicht werden konnte. "Wir müssen wohl erst mal kleinere Brötchen backen", sagt Schneider. Eine Statue erinnert an den Gelehrten und in seinem Geburtshaus am Salzmarkt können Gäste in historischem Ambiente übernachten.

Dem berühmten Mathematiker musste auf dem Brunnen der jüngste und südlichste Roland Deutschlands weichen. Die Ritterfigur von 1605 steht nun in einer Nische am Rathauseck. Beide, Roland und Regiomontanus, zeigen sich zusammen mit General Tilly, der einmal in Königsberg nächtigte, und dem gebürtigen Königsberger Reichsgraf Friedrich Heinrich von Seckendorf zweimal am Tag im Glockenspiel am Rathaus, das für jede Figur auch noch ein passendes Liedchen spielt.

Inmitten der schönen Fachwerkfassaden erhebt sich die große Marienkirche, deren Bau 1397 begonnen wurde. Nach mehreren Um- und Wiederaufbauten erscheint sie heute noch beinahe überdimensioniert für das kleine Städtchen.

Über der Stadt liegt die Ruine der Reichsburg, die einst Kaiser Friedrich Barbarossa erbauen ließ. Heute gehört sie der Stadt, und ein Verein hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, die Ruine zu erhalten und stückweise wieder aufzubauen. Walter Schneider ist da auch dabei, selbstverständlich. 70 000 Arbeitsstunden hätten die freiwilligen Helfer schon investiert, erzählt er.

Überhaupt scheint den Königsbergern viel zu liegen an ihrer idyllischen Stadt. Im ehemaligen kommunalen Brauhaus, das nach seiner Schließung zunehmend verfiel, ist heute ein Kunsthandwerkerhof, der auf die Initiative einer Königsberger Künstlerin zusammen mit der Stadt entstand. Heute verkaufen dort Künstler ihre Arbeiten, es gibt wechselnde Ausstellungen und im gemütlichen Café bekommt man selbst gebackenen Kuchen und riesige Humpen Milchkaffee.

Für diesen Tipp bedanken wir uns bei Barbara Schmitt aus München

© SZ vom 02.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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