SZ-Interview mit dem bayerischen Finanzminister und CSU-Vorsitzenden:"Ich habe die Öffentlichkeit mit der Wahrheit bedient"

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Bayerns Finanzminister Erwin Huber hat im Zusammenhang mit der Landesbank-Krise erstmals Fehler eingeräumt. Er hätte härter und früher auf eine andere Informationspolitik der Bank hinwirken sollen.

Sebastian Beck und Kassian Stroh

Für CSU-Chef Erwin Huber ist die Kredit-Krise der Landesbank zur bislang härtesten Belastungsprobe geworden. SPD und Grüne in Bayern fordern seit Tagen den Rücktritt des Finanzministers.

Erwin Huber: "Der Verwaltungsrat ist seiner Verantwortung gerecht geworden" (Foto: Foto: ddp)

SZ: Würden Sie die vergangenen zehn Tage nicht am liebsten aus dem Kalender streichen?

Huber: Schöner wär's. Aber man kann es sich nicht aussuchen in der Politik, sondern muss dort Verantwortung wahrnehmen, wo man eine Aufgabe hat.

SZ: Haben Sie Fehler gemacht?

Huber: Ich hätte möglicherweise härter und früher auf eine Veränderung der Informationspolitik der Bank hinwirken sollen. Im Januar hatte ich vor der Presse darauf hingewiesen, dass höhere Belastungen als die bis dahin von der Bank genannten 100 Millionen Euro möglich sind. Und ich habe im Januar auch im Landtag gesagt, dass es zu erheblichen Verlusten kommt. Ich habe die Öffentlichkeit also mit der Wahrheit bedient. Der Vorstand der Bank hat seinerzeit noch eine andere Strategie verfolgt. Seine plötzliche Kehrtwende vom 12. Februar bestätigt, dass die vorherige Strategie nicht tragfähig war.

SZ: Aber warum haben Sie da nicht stärker darauf gedrungen - Sie sind doch letztlich der Chef?

Huber: Erstens hat der gesamte Verwaltungsrat diese Strategie des Vorstands mitgetragen. Zweitens: Wenn einem gesagt wird, es drohen der Bank erhebliche Nachteile durch die ständige Veröffentlichung von nur vorläufigen, nicht belastbaren Zahlen, dann ist das natürlich nicht so ganz einfach. Das ist eine Abwägung von Risiken, im Nachhinein ist man klüger. Inzwischen haben wir die Informationspolitik der Bank neu strukturiert. Und es hat personelle Veränderungen gegeben - das sind alles Konsequenzen aus den Entwicklungen der letzten Wochen.

SZ: Warum musste Bank-Chef Werner Schmidt gehen - und warum dürfen Sie bleiben?

Huber: Weil für das operative Geschäft der Vorstand der Bank verantwortlich ist.

SZ: Es stellt sich aber auch die Frage nach der Verantwortung der Kontrolleure im Verwaltungsrat.

Huber: Der Verwaltungsrat ist seiner Verantwortung gerecht geworden. Hier hat sich allerdings aus klar erkennbaren politischen Gründen eine Diskussion verselbständigt.

SZ: Im Vorstand sind aber Konsequenzen gezogen worden. Es wirkt so, als ob Schmidt geopfert wurde, um von Ihnen Druck zu nehmen.

Huber: Nein, nein. Für die Strategie und Informationspolitik ist der Vorstand verantwortlich. Ich bin als Verwaltungsrat als einer von zehn zuständig für die Kontrolle und natürlich auch für die strategische Ausrichtung der Bank - und die müssen wir weiter voranbringen. Der Rest der Vorwürfe ist parteipolitisch motiviert, das tangiert mich nicht.

SZ: Wann geht die BayernLB mit der Landesbank Baden-Württemberg, der LBBW, zusammen?

Huber: Die Fusionsgespräche von WestLB und LBBW sind gescheitert, die von WestLB und hessischer Landesbank wohl auch - da muss man fragen, ob die Verengung der strategischen Optionen auf eine Fusion sinnvoll ist. Im vergangenen Jahr habe ich gesagt: Wir können nicht nur einen Weg gehen, nämlich in Richtung Fusion mit LBBW, sondern wir wollen eine neue Zukunftsstrategie für die Bank entwickeln. Die Diskussion nur auf die Fusion zu verkürzen würde bedeuten, dass wir eine Reihe von Zukunftschancen ausschließen.

SZ: Bleibt es bei der 50:50-Aufteilung von Freistaat und Sparkassen?

Huber: Auf die überschaubare Zeit ja. Wie die Zukunft der Landesbank in zehn Jahren ist, kann ich nicht vorhersagen.

SZ: Bei der Sparkasse soll es Bestrebungen geben, Ihnen Anteile abzukaufen. Verkaufen Sie welche?

Huber: Wenn uns ein offizielles Angebot gemacht wird mit einem vernünftigen Preis, dann können wir über alles verhandeln.

SZ: Wie sehr haben Ihnen die Vorgänge der letzten Tage als CSU-Chef und Finanzminister geschadet?

Huber: Dass es einen nicht freut, wenn man sich mit so etwas herumschlagen muss, das ist selbstverständlich. Es war aber auch immer ein Markenzeichen der CSU, dass man in schwierigen Zeiten zusammenhält und so die Probleme meistert, egal ob man was dafür kann oder nicht.

SZ: Bereits vor dem Streit um die Landesbank lag die CSU in Umfragen nur bei 50 Prozent. Das ist ein Alarmzeichen.

Huber: Wir nehmen Umfragen mit der gebührenden Kritikfähigkeit ernst. Wir freuen uns über die guten und analysieren die weniger guten.

SZ: Also bitte die Analyse.

Huber: Die Umfrage ist stark stimmungsorientiert, es wurden keine Sachthemen abgefragt. Die CSU steht so stark da, dass wir eine einzelne Umfrage nicht überbewerten. Ich bin täglich im Land unterwegs und sehe, dass unsere Leute mit gutem Selbstbewusstsein im Kommunalwahlkampf stehen. Wir haben hervorragende Kandidaten und eine außerordentlich gute Chance, die Landtagswahl mit 50 plus X zu bestreiten.

SZ: Unter CSU-Kommunalpolitikern ist die Stimmung mau bis flau. Sie würden gerne wissen, wo es lang geht, das ist Ihre politische Aufgabe.

Huber: Ich erlebe eine ganz andere Stimmung. Ich erwarte mir, dass wir bei der Kommunalwahl nicht nur gut abschneiden, sondern auch noch Zugewinne erzielen.

SZ: Selbst im Ministerrat wird über den schwindenden Einfluss der CSU in Berlin geklagt. Auch in der CDU wird von einer Schwächephase der CSU gesprochen. Das ist ein schlechtes Zeugnis für einen neuen CSU-Vorsitzenden.

Huber: Ich kenne keine solchen Stimmen. Wir haben seit der Erneuerung an der Spitze von Staat und Partei unsere Handschrift in der großen Koalition deutlich gemacht. Da verweise ich nur einmal auf das Betreuungsgeld...

SZ: ... das noch unter Stoiber angeleiert wurde ...

Huber: Es wurde von der CDU beschlossen und in den Gesetzentwurf aufgenommen, als ich bereits CSU-Vorsitzender war. Und ich verweise auf die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung...

SZ: ...die der guten Konjunktur geschuldet ist ...

Huber: Das ist die Grundvoraussetzung. Nur ist es die Frage, ob man neue Ausgabenprogramme macht oder die Beiträge senkt. Ich bin mit dem Einfluss der CSU auf die Bundespolitik schon sehr zufrieden. Man muss ihn jeden Tag neu erkämpfen. Mein Verständnis ist es, dass wir die CSU als eine Partei der Leistungsträger profilieren und in Bayern als Zukunftspartei in einem Chancenland. Ich will sehr wohl die Frage der sozialen Gerechtigkeit aufgreifen.

SZ: Chancenland?

Huber: Ich möchte Gerechtigkeit als Chancengerechtigkeit und Generationengerechtigkeit präsentieren. Hier geht es um die Leistungsfähigkeit der Schulen und des Bildungswesens. Die Frage der Generationengerechtigkeit hängt mit der soliden Haushaltspolitik und dem Schuldenabbau zusammen, Leistungsgerechtigkeit mit der Familienpolitik und der Senkung von Steuern und Abgaben.

SZ: Die CSU versteht sich aber auch als Volkspartei, also als eine Partei der Leistungsempfänger.

Huber: Natürlich dürfen wir die soziale Seite nicht vernachlässigen. Da darf es keine Einseitigkeit geben. Ich sehe im Moment die Aufgabe aber eher darin, Mittelstand und freie Berufe an uns zu binden. Es geht schließlich darum, die Wirtschaftskraft zu erarbeiten, die unseren Sozialstaat ermöglicht.

SZ: Es beginnt in der CSU ein Prozess der Verklärung Stoibers: so ein tatkräftiger und vorwärtsdrängender Mensch. Ärgert Sie das?

Huber: In der CSU ist die Erinnerung an Franz Josef Strauß immer noch wach. Theo Waigel ist für mich ein wichtiger Berater. Und auch zu Edmund Stoiber pflege ich gute Kontakte.

SZ: Haben Sie nicht die Sorge, dass jetzt die Diskussion anfängt, ob Horst Seehofer nicht doch der bessere CSU-Vorsitzende gewesen wäre?

Huber: Die Entscheidung ist auf mich gefallen. Ich versuche, alle in die politische Diskussionen einzubinden. Die Ära Stoiber in der CSU war sehr erfolgreich, aber es gab in der Partei auch starke Stimmen, die eine breitere Einbindung forderten. Das wird jetzt praktiziert. Für den Erfolg einer Volkspartei ist es notwendig, dass man ein echtes Mannschaftsspiel betreibt.

© SZ vom 23.02.2008/schä - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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