Streit um Schulwesen:Lehrerverband: Schulsystem produziert Rechtsradikalismus

Lesezeit: 1 Min.

Führt das bayerische Schulsystem zu mehr Rechtsradikalismus? Das behauptet der Präsident des Lehrerverbands. Im Freistaat gebe es zu viele Bildungsverlierer. Das Kultusministerium spricht von "einzigartiger politischer Entgleisung".

Heftiger Zoff vor dem Start in die Weihnachtsferien: Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) hat einen Zusammenhang zwischen dem gegliederten Schulsystem und der Zunahme rechtsradikaler Gruppierungen in Bayern beklagt - und damit das Kultusministerium verärgert.

Mit dieser "Entgleisung" habe sich Verbandspräsident Klaus Wenzel als seriöser Gesprächspartner zu Bildungsfragen selbst ins Abseits gestellt, kritisierte das Ministerium am Donnerstag in München.

Das gegliederte Schulsystem verstärkt laut Wenzel soziale Spaltungsprozesse. "Wenn Schule Bildungsverlierer produziert, ist dies nicht nur in hohem Maße kinderfeindlich und unpädagogisch, es ist auch kurzsichtig und gefährlich", warnte der BLLV-Präsident. Schulen bräuchten Reformen, die Integration statt Ausgrenzung beförderten und modernes Lernen ermöglichten. Dies sei ein Weg, um politischen Radikalismen entgegenzuwirken.

Wenzel argumentierte, mehrere wissenschaftliche Studien hätten belegt, Ausgrenzung erhöhe die Gefahr, dass sich Menschen von der Demokratie abwenden. Er forderte die Staatsregierung auf, vor diesem Zusammenhang nicht länger die Augen zu verschließen und sich mit dem "ungerechten Bildungssystem" zu befassen. Bisher würden Versuche, Schul- und Bildungspolitik gerechter zu gestalten, im Keim erstickt, kritisierte der Verbandspräsident. Stattdessen gehe die Schere zwischen armen und reichen Familien immer weiter auseinander.

Ministerium kontert

Das Kultusministerium verwahrte sich gegen die Vorwürfe: "Wer wie Herr Wenzel den Anschein erweckt, eines der chancenreichsten Bildungssysteme für die jungen Menschen in Deutschland stehe in Affinität mit rechtsradikalen Kräften, der leistet sich eine einzigartige politische Entgleisung."

Rechts- und Linksradikalismus würden an Bayerns Schulen nicht geduldet. Vielmehr würden die Schüler in der Persönlichkeitsentwicklung begleitet und zu Demokratie und Toleranz erzogen. "Die höchste Quote an Neonazis lässt sich - Gott sei Dank - nicht in Bayern, sondern in anderen Bundesländern feststellen. Diese haben ein weniger differenziertes Schulwesen als Bayern."

© Süddeutsche.de/dapd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: