Kein Zweifel: Josef Hess liebt seine bayerische Heimat, das bringt er auch gerne zum Ausdruck. Hess, 70, lebt seit Ewigkeiten in Augsburg, legt aber Wert darauf, dass er jenseits des Lechs geboren und somit ein Altbayer ist. Er arbeitete als Bierbrauer, ist Freizeit-Volksmusiker, hat eine Tischdecke mit weiß-blauem Rautenmuster und natürlich eine Bayernfahne, die er voller Stolz in den Urlaub mitnimmt.
Ansonsten weht sie seit mehr als 40 Jahren auf dem Balkon seiner Wohnung. Doch mit dem Flagge-Zeigen soll es nun vorbei sein. Ein Mitarbeiter des St. Ulrichswerks, das die Wohnungen vermietet, hat ihn aufgefordert, sie abzuhängen. Begründung: Man sei in Sorge, die Fahne könne Schäden "am Wärmedämmverbundsystem und an der Fassade" verursachen. Zudem sei man an einem einheitlichen Erscheinungsbild der Anlage interessiert.
"Wer so was sagt, der muss a Preiß sei'"
Hess versteht die Welt nicht mehr. Seit 46 Jahren wohnt er in Häusern desselben Vermieters, nie gab es Proteste. Alle Nachbarn hätten sich über die Fahne vielmehr gefreut. Nun soll sie plötzlich das Haus verschandeln? Für Hess steht fest: "Wer so was sagt, der muss a Preiß sei'." Ob er auch eine Fahne des Papstes entfernen müsste?, fragte er Mitarbeiter des bischöflichen St. Ulrichswerks. Ja, auch die müsste weg.
Mittlerweile flatterte Hess sogar eine Klage auf Entfernen ins Haus. Doch er denkt nicht daran, deshalb die weiße Fahne zu hissen. Die Rechtsauffassung seines Mandanten wäre schwer erschüttert, wenn ein bayerisches Amtsgericht eine bayerische Fahne verbieten würde, sagt Hess' Anwalt Robert Kaufer. Verhandlungstermin ist am 6. Mai.