Statistisches Jahrbuch:Mit Bauch und ohne Laptops

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Das Statistische Jahrbuch zeigt den Freistaat jenseits aller Klischees: Immer mehr Ostdeutsche ziehen nach Bayern - und die Bäuche wachsen. Eine ungeschminkte Bestandsaufnahme

Oliver Klasen

Bayern in Zahlen: 160.000 Daten auf 599 Seiten liefert das Statistische Jahrbuch 2009, das gestern in München vorgestellt wurde. Äußerlich ist es eine eher sperrige Lektüre, mit unendlich vielen, in schwarz-weiß gedruckten Tabellen und nur wenigen bunten Grafiken. Wer aber lange genug darin blättert, der findet einige interessante Details. Die SZ hat eine kleine Auswahl zusammengestellt:

Ab in den Süden: Die Zuzügler seit 1990 kamen vor allem aus den neuen Bundesländern. (Foto: Foto: dpa)

Willkommen, liebe Preißn

"Bayern ist attraktiv, Bayern zieht Menschen an", sagt Innenminister Joachim Herrmann. Zumindest was Oberbayern betrifft, hat er recht. So kann der Landkreis Erding bis 2028 mit einem Bevölkerungszuwachs von mehr als 15 Prozent rechnen, während im Landkreis Wunsiedel die Bevölkerungszahl in den nächsten 20 Jahren voraussichtlich um fast 22 Prozent schrumpfen wird. Viele Gebiete in Unter- und Oberfranken sowie im Bayerischen Wald werden in Zukunft mit einem starken Bevölkerungsrückgang zu kämpfen haben.

Da 2008 auch etwa 12.000 Menschen mehr von Bayern ins Ausland gezogen sind als umgekehrt, könnte die Lösung sein, mehr "Preißn" in den Freistaat zu lassen. Das hat schon letztes Jahr gut geklappt: Gut 26.000 Einwohner gewann Bayern dadurch, dass Menschen aus anderen Bundesländern hergezogen sind. Ob diese Neubürger dann künftig in der Statistik zu den 19 Prozent der Bevölkerung gezählt werden müssen, die über einen Migrationshintergrund verfügen, ist noch offen.

Die Ehe als Dickmacher

Zwei von drei bayerischen Männern sind zu dick - vor allem die verheirateten. (Foto: Foto: AP)

Die Menschen in Bayern sind zu dick: Fast 40 Prozent der Frauen und mehr als 57 Prozent der Männer haben einen Body-Mass-Index von mehr als 25 und sind damit übergewichtig oder stark übergewichtig. Bei Verheirateten ist die Tendenz zum Dicksein dabei stärker ausgeprägt: Sie wiegen im Durchschnitt über drei Kilo mehr, sind aber auch drei Zentimeter kleiner.

Verheiratete Männer sind zu 16,9 Prozent stark übergewichtig, ledige Männer nur zu 7,7 Prozent. Bei den verheirateten Frauen sind 12,6 Prozent stark übergewichtig, ledige Frauen nur zu 5,7 Prozent. Da ist es nicht verwunderlich, dass viele Bayern die Heirat herauszögern, um ihren Körper länger in Form zu halten. Jedenfalls wird heute im Schnitt sieben Jahre später geheiratet als zu Beginn der 70er Jahre, nämlich mit 29,9 Jahren bei den Frauen und mit 32,9 Jahren bei den Männern.

Mangel an Schlittenhund-Vereinen

Statt Heiratsverzicht gibt es auch eine andere Möglichkeit, um das Übergewicht wieder abzutrainieren: Sport. Dabei haben die Menschen in Bayern die Auswahl zwischen 11.947 Sportvereinen, in denen fast 4,4 Millionen Mitglieder organisiert sind. 1438 Skisportvereine gibt es, immerhin auch 950 Kegelvereine, aber nur 15 Vereine für Schlittenhunde und gerade einmal 31 Vereine für Rasenkraftsport. Ein Mangel, der behoben werden muss.

Hoffnungsträger Hopfen

Erstmals seit 2004 ist der Bierabsatz der bayerischen Brauereien wieder zurückgegangen. Die 628 Betriebe verkauften 2008 22,6 Millionen Hektoliter, das sind 1,3 Prozent weniger als 2007. Immerhin: Um die Stellung Bayerns als Land des Bieres muss man sich keine Sorgen machen: Mit 35.000 Tonnen wurden 2008 in Bayern mehr als 88 Prozent des deutschen Hopfens erzeugt. Bayerns begehrter Rohstoff kommt überwiegend aus der Hallertau, dem größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet der Welt.

Der Rubel rollt

Bayern war immer eines der beliebtesten Bundesländer bei ausländischen Feriengästen. Zwar besuchen immer noch 7,1 Millionen Touristen jedes Jahr den Bayerischen Wald, 1,3 Millionen Menschen besichtigen Schloss Neuschwanstein, und sogar Bayerns Campingplätze verbuchen sechs Prozent mehr, das heißt 1,1 Millionen Gäste.

Aber: Bayern ist nicht mehr so beliebt bei den Amerikanern und den Japanern. Ihre Übernachtungen gingen um neun, beziehungsweise um zwölf Prozent zurück. Dafür kommen 28 Prozent mehr Russen und sieben Prozent mehr Touristen aus den arabischen Golfstaaten.

Gefährdete Symbiose

Der Freistaat Bayern sei eine durchaus "gelungene Symbiose von Laptop und Lederhose" hat der frühere Bundespräsident Roman Herzog einmal gesagt. Die CSU trug diesen Satz wie eine Monstranz vor sich her, aber sie hat nicht dafür gesorgt, dass der Satz statistisch unter Beweis gestellt wird. Denn: Niemand kann sagen, wie viele Lederhosen in Bayern hergestellt werden.

Die Produktion von Lederwaren und Lederbekleidung wurde im Freistaat nämlich nicht erfasst. Man weiß nur, dass das Ledergewerbe 2008 fast 20 Prozent weniger Aufträge hatte als 2007. Kein gutes Zeichen. Außerdem besaßen nur 37,2 Prozent aller bayerischen Haushalte einen Laptop. Diese Zahl liegt unter den derzeitigen Umfragewerten der CSU und ist noch weiter von der absoluten Mehrheit entfernt.

© SZ vom 22.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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