Statistik:Pendlerland Bayern

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Zwei Drittel der Arbeitnehmer pendeln, vor allem nach München

Um sieben Uhr aufstehen und gemütlich einen Kaffee trinken. Für die meisten Arbeitnehmer in Bayern bleibt das ein Traum. Um diese Uhrzeit sitzen sie schon in Bus, Bahn oder Auto. Der Kaffee kommt bestenfalls in den Thermobecher. Bei der Ankunft im Büro haben sie bereits Unmengen an Stresshormonen ausgeschüttet, sich geärgert über die verspätete Bahn, die ausgefallene Klimaanlage, den ewigen Stau und die Parkplatzsuche. Letztere kostet den Deutschen im Jahr immerhin 41 Stunden - eine Arbeitswoche. Die Nachteile liegen auf der Hand: Stress, weniger Zeit für Familie und Freunde, Flächenverbrauch und mehr Verkehr.

Laut ADAC war Bayern 2016 bei den bundesweiten Staumeldungen unter den Top drei. Die Fahrgastzahlen bei Bussen und Bahnen steigen seit den 1990er Jahren ununterbrochen. Im Freistaat verbringen besonders viele Menschen wertvolle Lebenszeit mit Pendeln. 67 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Bayern pendeln täglich zur Arbeit außerhalb ihrer Gemeinde. Nach Angaben des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) liegt Bayern deutlich über dem Bundeswert von knapp 60 Prozent. Dank der Pendlerpauschale - 30 Cent pro Kilometer - bleibt die Autofahrt meist die günstigere Variante als ein Umzug.

Die Bundesagentur für Arbeit aktualisiert jedes Jahr Daten zum Wohn- und Arbeitsort von Arbeitnehmern. Aus der Distanz errechnet sich der Arbeitsweg. Demnach fuhren vergangenes Jahr in Bayern die meisten Pendler nach München, Nürnberg und Regensburg. München ist deutschlandweit der stärkste Pendlermagnet. Dort arbeiteten 365 000 Menschen, lebten aber außerhalb. Der Großteil kommt aus den benachbarten Landkreisen und Städten. Das kann man gut an den Pendelstrecken ablesen: Etwa 80 Prozent der Arbeitnehmer in Bayern pendeln bis zu 25 Kilometer, 14 Prozent fahren zwischen 25 und 50 Kilometer. Doch auch lange Strecken sind für viele normal: Sieben Prozent der Arbeitnehmer fahren sogar bis zu 150 Kilometer einfach. Seit 2000 ist in Bayern die Zahl der Fernpendler mit einem einfachen Arbeitsweg von mehr als 150 Kilometer gestiegen, allerdings ebenso die Zahl der Beschäftigten. Hinzu kommen Berufspendler aus anderen Bundesländern. Aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen kommen die meisten beruflich nach Bayern. Sogar aus Berlin pendeln 14 000 Menschen allein nach München.

Viel ausschlaggebender als die Strecke ist aber die Zeit, die ein Mensch im Fahrzeug verbringt. Wer länger als eineinhalb Stunden unterwegs ist, gilt genauso als Fernpendler. Dem Deutschen Gewerkschaftsbund zufolge sind unter den Fernpendlern deutlich mehr Menschen mit Hochschulabschluss. Dennoch ist Pendeln kein Luxusproblem. Wer sich von der Arbeitsagentur einen Job vermitteln lässt, muss in Bayern bereit sein, bis zu 2,5 Stunden Fahrzeit täglich in Kauf zu nehmen, wenn die Arbeitszeit mehr als sechs Stunden beträgt.

Einkommensklasse hin oder her: Berufspendler schaden auf lange Sicht nachweislich ihrer Gesundheit, denn Pendeln erzeugt Stress und der schlägt sich auf die Körperfunktionen nieder. Die Techniker Krankenkasse kam schon im Jahr 2012 in einem Gesundheitsbericht zu dem Ergebnis, dass Berufspendler häufiger und langwieriger von psychischen Diagnosen betroffen sind. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung schreibt, dass 40 Prozent der Fernpendler mit einer Fahrzeit von einer Stunde und länger stärker unter Stress stehen - 60 Prozent empfänden das allerdings nicht so.

Ein Rezept gegen Pendelstress ist also auch die eigene Einstellung. Für gestresste Autofahrer geben Verkehrspsychologen alltagstaugliche Tipps: Nicht versuchen, den Heimweg durch Schnellfahren zu verkürzen. Außerdem kommt man entspannter an, wenn man auf der Autobahn 100 bis 120 km/h fährt und seltener die linke Spur benutzt. Wer eine Teilstrecke mit dem Zug fahren kann, sollte diese Option ernsthaft erwägen.

© SZ vom 14.08.2017 / TKR - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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