SPD: Münteferings Rede in München:"Greift sie euch!"

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Prominente Unterstützung für Bayerns SPD im Wahlkampf: Ex-Vizekanzler Müntefering nennt die CSU-Spitze "Waschlappen" und "Angsthasen". Wortkarg wird er nur, wenn es um seine politische Zukunft geht.

Birgit Kruse

Fast ist es wie früher. Als Franz Müntefering gemeinsam mit seinem Parteifreund Franz Maget den Festsaal des Hofbräukellers betritt, umringen zahlreiche Journalisten die beiden Sozialdemokraten.

Kämpferisch: Franz Müntefering während seiner Rede im Haidhauser Hofbräukeller (Foto: Foto: Das Gupta)

Die Traube aus Fotografen, Journalisten, Sicherheits- und Kameraleuten schiebt sich durch den Saal in Richtung Rednertribüne. Die mehr als 400 Genossen, die den SPD-Granden in München erleben wollen, klatschen begeistert Beifall.

Doch es ist nicht wie früher. Es ist Münteferings erster großer Aufritt, seit er sich vor fast neun Monaten aus der Politik zurückgezogen hat. Als er seine Ämter als Vizekanzler und SPD-Chef aufgegeben hat, um seine schwerkranke Frau Ankepetra zu pflegen, die vor wenigen Wochen verstorben ist. Und es ist sein erster großer Auftritt, seitdem wieder darüber spekuliert wird, ob der "Vollblutpolitiker" sein politisches Comeback plant.

Franz Müntefering stören zumindest die Spekulationen über seine politische Zukunft an diesem Abend in München nicht. Er genießt seinen Auftritt. Er reckt die Daumen weit in die Höhe, als er gemeinsam mit seinem Parteifreund Franz Maget die Bühne betritt. Das Lächeln auf seinem Gesicht zeugt von tiefer Zufriedenheit und Entschlossenheit.

Als er die Stimme erhebt, ist es, als hätte er sich nie aus der aktiven Politik verabschiedet. Salopp, ohne Jackett steht er vor den Genossen, die sich in dem stickigen und viel zu engen Saal drängen.

Er stützt sich kurz auf das Rednerpult, um im selben Augenblick in einem salutartigen Stakkato loszupoltern. Mit kräftiger Stimme und in den für ihn so typischen kurzen Sätzen schimpft er auf den politischen Gegner: "Die CSU hat Angst vor der Verantwortung. Angst vor dem Regieren. Das ist nicht gut für Bayern."

Frontalangriff auf Beckstein und Huber

Das kommt gut an - vor allem die Frage, was für "Waschlappen" denn Ministerpräsident Beckstein und CSU-Chef Huber seien. "Wir brauchen Männer und Frauen, die führen", ruft er seine Botschaft in den Saal, krempelt die Ärmel hoch, wischt sich den Schweiß von der Stirn.

Müntefering ist in seinem Element. Die Genossen klatschen, das Blitzlichtgewitter der Fotografen scheint kein Ende zu nehmen, die Kameras nahezu aller deutschen Fernsehsender sind auf ihn gerichtet. Aus ganz Deutschland sind Journalisten nach München gereist und sie alle warten gespannt auf den einen Satz.

Wird er sich zu einem Comeback äußern? Oder: Wird er eine sozialpolitische Grundsatzrede halten?

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welchen Ratschlag Müntefering den bayerischen Genossen mit auf den Weg gibt.

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:Die Sprüche der Comeback-Rede

Franz Müntefering hat sich mit einem kämpferischen Wahlkampfauftritt zurückgemeldet - eine Auswahl seiner gepfefferten Sprüche.

Vor allem Franz Maget scheint in diesem Moment zufrieden zu sein. Müntefering wolle mit seinem Besuch "die Parteifreunde in Bayern und mich in besonderer Weise unterstützen", sagt er und bezeichnet das als einen "ganz normalen Vorgang".

Franz Maget (re.) gratuliert Franz Müntefering zu dessen Rede. (Foto: Foto: Das Gupta)

Doch so ganz normal ist dieser Vorgang eben nicht - auch wenn Müntefering letztlich selbst vor zwei Wochen angeboten hatte, zu Maget nach München zu kommen.

Nun hoffen viele in der SPD auf eine Rückkehr des Sauerländers. Von den meisten wird er geschätzt, von vielen verehrt. Er gilt als Versteher der Basis, auch wenn ihm das enge Vertrauensverhältnis zu Kanzlerin Angela Merkel immer wieder vorgehalten wurde - ebenso wie seine Sturheit. Jetzt sehen viele Genossen in dem 68-Jährigen den Retter der SPD, den Mann, der die Partei für die Bundestagswahl im kommenden Jahr fit machen könnte.

Doch zu all den Spekulationen schweigt Müntefering. Kein Wort über seine private Situation. Kein Wort über seine politische Zukunft. Kein Wort über den Streit in der SPD. Eine Dreiviertelstunde macht er Wahlkampf für Franz Maget.

Statt parteipolitische Grundsatzreden zu halten, plädiert er für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes und erntet viel Beifall für Sätze wie: "So kann das nicht bleiben in Deutschland. Wir müssen was tun."

Er macht sich für bessere Bildung und Kinderbetreuung stark. Als die SPD bereits vor Jahren den Ausbau der Krippenplätze beschlossen habe, poltert er, wusste Edmund Stoiber nur, "dass Krippe was mit Weihnachten zu tun hat".

Und so, wie er in seiner Rede kein wichtiges Politikfeld auslässt, so kommt auch die Betonung der fast 150-jährigen Tradition der Sozialdemokraten nicht zu kurz. Denn Müntefering weiß: Sätze wie "Keine Herren, keine Knechte. Das ist unsere Geschichte" kommen an, sind Balsam auf die umfragengeschundenen Seelen der Genossen.

Denn egal wie gut oder schlecht die CSU derzeit in den Umfragen auch abschneidet. Allein die SPD scheint davon nicht profitieren zu können. Die SPD-Anhänger ficht das an diesem Abend jedoch nicht an. Sie sind begeistert vom Auftritt des Sauerländers.

Die Münchner SPD-Abgeordnete Adelheid Rupp ist sich sicher, "dass wir es schaffen, die CSU unter die 50 Prozent zu drücken". Eine Frau lobt Müntefering als "sehr idealistischen Menschen", der in der Politik immer eine Rolle spielen werde.

Vergessen scheinen an diesem Abend die Wahlumfragen, in denen die SPD kaum von den Stimmverlusten der CSU profitieren kann. Außer, sie hält sich in den letzten Wochen vor der Landtagswahl an die Wahlempfehlungen ihres gefühlten Ober-Genossen: Wenn ein Freund nicht wisse, wen er wählen soll, dann dürften die Genossen "nicht auf die Schuhspitzen sehen und abwarten". Dann gelte das Motto: "Greift sie euch!"

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