Sozialdemokraten:Pronolds Ideale

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Bayerns SPD-Chef will sein Amt bereits im Mai abgeben - wenn es nach ihm geht, an Generalsekretärin Natascha Kohnen. Bei manchen führt das zu Irritationen

Von Lisa Schnell

Bayerns SPD-Chef Florian Pronold verzichtet zugunsten von Generalsekretärin Natascha Kohnen auf eine erneute Kandidatur als Landesvorsitzender. Um gute Wahlergebnisse zu erzielen, sei "eine personelle Neuaufstellung der Bayern-SPD erforderlich", sagte Pronold am Freitag - einen Tag vor dem Treffen des Landesvorstands an diesem Wochenende. Die Entscheidung, Kohnen als Nachfolgerin zu installieren, sei "seit zwei Jahren abgesprochen", sagte Pronold. Kohnen verkörpere "Menschlichkeit und Geradlinigkeit" und sei damit eine "ideale Spitzenkandidatin" für die nächste Landtagswahl 2018. Um die SPD in den Wahlkampf führen zu können, brauche sie aber auch das Amt des Landesvorsitzes.

Pronold hatte nach eigener Darstellung geplant, den Landesvorsitz erst nach der Bundestagswahl im Herbst 2017 abzugeben, vor etwas mehr als einer Woche habe er sich aber umentschieden. Damit, dass er sich Sorgen um sein eigenes Wahlergebnis gemacht hätte, habe das aber nichts zu tun, betonte Pronold.

Nach dem jüngst veröffentlichten historischen Umfragetief der SPD von 14 Prozent wurden in der Partei Stimmen laut, die nach einer Alternative zu Pronold riefen. Erst am Donnerstag kündigte das innerparteiliche Bündnis "Zeit für die Mutigen" indirekt an, auf dem Parteitag im Mai einen Gegenkandidaten zu präsentieren. Damit hätte die Abmachung zwischen Pronold und Kohnen hinfällig sein können; einem ernsthaften Herausforderer Pronolds wurden durchaus Chancen zugetraut. Der aber sagt: "Ich hatte nie Sorgen, wieder eine Mehrheit zu finden". Ausschlaggebend sei für ihn gewesen, dass innerparteiliche "Heckenschützen" nicht nur auf ihn "angelegt" hätten, sondern auch auf Kohnen. Wehren aber könne sich nur, wer "vorne dran steht". Mit seiner Empfehlung für Kohnen wolle er den Weg frei machen, wieder zu mehr Geschlossenheit zu finden. Mit "Heckenschützentum" und "Selbstbeschäftigung" müsse jetzt Schluss sein.

Einige, darunter Münchens Alt-Oberbürgermeister Christian Ude, äußerten Zweifel, ob Kohnen als engste Mitarbeiterin des Vorsitzenden über acht Jahre für einen Neuanfang stehen könne. Pronold entgegnete, Kohnen und er hätten im Team gemeinsam sehr viel bewegt, und er sei sich sicher, dass sie als Landesvorsitzende ihre eigenen Akzente setzen werde. Er gehe davon aus, dass sein Vorschlag "breite Unterstützung in der SPD finden" werde.

Pronold wird sich aber auch Kritik anhören müssen. Noch Anfang 2015 kündigte er an, "deutlich über die Landtagswahl hinaus" Chef der Bayern-SPD bleiben zu wollen, also bis 2021. Bis vor kurzem noch ließ er keinen Zweifel daran, mindestens bis 2019 zur Verfügung zu stehen. Jetzt erklärte Pronold, "schon vor zwei Jahren den inneren Entschluss gefasst" zu haben, spätestens im Herbst 2017 aufzuhören. "Die Bereitschaft bis über die nächste Landtagswahl hinaus Verantwortung zu tragen, war immer da", sagt Pronold. Es hätte ja immerhin sein können, dass Kohnen nicht mehr zur Verfügung stehe. Prognosen seien in der Politik immer schwierig. Man müsse "Haltung und Überzeugung" zeigen, aber auch offen sein, "im richtigen Zeitpunkt neue Schritte zu gehen".

Ob jetzt, mehr als ein Jahr vor der Landtagswahl, der richtige Zeitpunkt ist, Kohnen als Spitzenkandidatin auszurufen, dürften einige bezweifeln. Eigentlich wollte die SPD in Erinnerung an den wenig erfolgreichen Dauerwahlkampf von Christian Ude nächstes Mal bei den Landtagswahlen lieber einen Sprint als einen Marathon hinlegen. Es sei richtig, dass er Kohnen gerade "de facto" als Spitzenkandidatin ausgerufen habe, sagte Pronold. Die endgültige Entscheidung aber treffe die SPD erst nach der Bundestagswahl.

Derzeit wünschen sich Kohnen fünf Prozent der SPD-Anhänger als Spitzenkandidatin. Es gibt aber auch erfreulichere Zahlen: Seit Martin Schulz Kanzlerkandidat der SPD ist, habe es in Bayern 500 Neueintritte gegeben, sagte Pronold. Nach einer bei Infratest Dimap in Auftrag gegeben Umfrage würde die SPD, falls am Sonntag Bundestagswahl wäre, nicht mehr bei 14, sondern bei 22 Prozent liegen.

Markus Käser vom Bündnis "der Mutigen" meldet "Skepsis" an. Man werde abwarten, wie sich Kohnen selbst äußert. "So fair muss man sein". Dann werde besprochen, ob sich das Bündnis nicht doch eine Alternative für den Neuanfang wünsche.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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