Sitzordnung im Landtag:Rechtsruck bei der SPD

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Die neue Sitzordnung im Plenarsaal des Bayerischen Landtags empört den Freien-Wähler-Chef Aiwanger. (Foto: dpa)

Im Plenum des Bayerischen Landtags sitzen die Sozialdemokraten künftig direkt an der Seite der CSU. Das empört den aus der Mitte verdrängten Freie-Wähler-Chef Aiwanger - und belustigt die Regierungsfraktion.

Von Frank Müller

Wie in vielen anderen Parlamenten auf der Welt gab es bisher im bayerischen Landtag ein klares Rechts-Links-Schema. Rechts (vom Präsidentenplatz aus gesehen) sitzt die CSU. Und links ist der Platz für SPD und Grüne. Jetzt ändert sich die Sitzordnung - auf Wunsch der SPD. Die will nun in die Mitte des hohen Hauses rutschen, auf die Plätze, die bisher FDP und Freie Wähler hatten. Die FDP kann sich dagegen nicht wehren, denn sie flog bei der Landtagswahl aus dem Parlament. Die Freien Wähler aber schäumen vor Wut. "Das ist ein dicker Hund", sagt Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, "ein grobes Foulspiel von Rot und Schwarz."

Doch Aiwanger verlor den Kampf um seinen geliebten Chefplatz ganz vorne in der Mitte am Mittwoch, kaum dass er ihn überhaupt realisiert hatte. Im Ältestenrat des Landtags, in dem alle Fraktionen eigentlich einen Konsens in wichtigen Verfahrensfragen finden sollen, setzte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher am Mittwoch den gewünschten Rechtsruck zügig durch. Er gewann die CSU für sich, die Grünen enthielten sich, die Freien Wähler fielen unter heftigem Protest Richtung Rand. Weiter links sitzen nur noch die Grünen, die ihren angestammten Außenplatz im Spektrum behalten.

Ein Platz in der Mitte des Parlaments gilt als leicht bevorzugt. Wer dort sitzt, ist buchstäblich im Zentrum und kommt deswegen auch häufiger ins Fernsehbild. Das habe aber nicht den Ausschlag gegeben, sagte Rinderspacher. Es gehe ihm darum, die Stellung der SPD als größte Oppositionsfraktion klarer erkennbar zu machen.

Für diesen Anspruch gibt nun ausgerechnet die jahrzehntelang als besonders links verschriene Bayern-SPD den historischen Kontext auf. Dass die eher revolutionären Kräfte links sitzen und die eher monarchistischen rechts, geht zurück bis auf die erste französische Nationalversammlung von 1789. Auch im deutschen Bundestag wird so gesessen, dort war allerdings bis zu ihrem Ausscheiden die FDP rechts außen, die Grünen sitzen zwischen Union und SPD. Doch Rinderspacher will sich nun nicht mehr "irgendwelche Links-Rechts-Debatten" aufzwingen lassen.

Er führt als "neues Ordnungsprinzip" im Landtag das der Fraktionsgröße an. Die größte Fraktion solle rechts sitzen, dann käme die zweitgrößte - also die SPD -, dann Freie Wähler und Grüne. Die Größe entscheide schließlich auch bei anderen parlamentarischen Rangfolgen, etwa der Rednerliste oder der Besetzung von Ausschussposten. "Die Freien Wähler sollten da jetzt nicht beleidigt sein", sagte Rinderspacher und verspottete den Wunschkoalitionspartner von vor der Wahl. Schließlich verträten die Freien Wähler so viele Positionen, dass man "eigentlich drei Fraktionsmitglieder links, drei rechts und drei in die Mitte setzen müsste". Aiwanger fand das überhaupt nicht witzig. "Muss der jetzt auf meinem Platz hocken", stänkerte er gegen Rinderspacher.

Landtags-Bedienstete begannen umgehend mit dem Umbau des Plenarsaals. Der soll zur nächsten Sitzung am Dienstag schon fertig sein - inklusive dreier Gänge zwischen den Fraktionen, also auch zwischen dem so viel beschworenen Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Freien Wählern. Das dürfte sich nun endgültig in Luft aufgelöst haben. Recht amüsiert verfolgten das nur die Grünen. Fraktionschefin Margarete Bause erinnerte sich daran, wie die SPD beim Einzug der Öko-Fraktion in den Landtag im Jahr 1986 ihre Plätze ganz links unbedingt verteidigen wollte: "Links von der SPD ist nur die Wand", hätten die Genossen damals argumentiert.

Ebenfalls auf die leichte Schulter nahm die CSU die Oppositionsposse. "Das hat ja ein bisschen was von Klassenzimmer", belustigte sich Fraktionschef Thomas Kreuzer. "Jeder möchte neben dem hübschesten Mädchen sitzen - gemeint ist die CSU - und die pubertierenden Jungs streiten sich." Dabei hatte der Wunsch der SPD auch bei der CSU Debatten ausgelöst. Im Fraktionsvorstand wurde überlegt, ob man sich enthalten solle. Dann sorgte wohl auch die neue Nähe bei den Berliner Koalitionsverhandlungen dafür, dass die CSU auf die Wünsche der SPD einging. "Bevor wir entscheiden müssen, welche Fraktion die politisch linkere ist, haben wir einfach die Reihenfolge nach Größen der Fraktion gewählt", sagte Kreuzer.

Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) ließ durchblicken, dass sie das Stuhlproblem nicht für das dringendste Thema im Landtag hält. Dennoch überflügelte es am Mittwoch den ansonsten harmonischen Auftakt, als sich die 13 Landtagsausschüsse jeweils völlig einmütig auf ihre Vorsitzenden quer durch die Fraktionen einigten. Für Aiwanger bleibt ein durchwachsenes Fazit: "Eine ganz fiese Geschichte."

© SZ vom 07.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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