Schusswaffen in Bayern:Zweifelhafter Ruhm für Amberg

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Schützen, Jäger, Sammler: In Bayern sind mehr als 1,1 Millionen Waffen registriert. (Foto: dpa/ZB)

Viele registrierte Waffen auf dem Land, wenige in den Städten: Knapp 1,1 Million legale Gewehre und Pistolen gibt es in Bayern. Die Hauptstadt der Waffenbesitzer liegt in der Oberpfalz.

Von Anna Günther

Amberg ist bekannt für seine mittelalterliche Altstadt, die von Walter Gropius errichtete Glasmacherkathedrale und seit Neuestem auch für Waffen. Die Stadt in der Oberpfalz verzeichnet nach Recherchen der Wochenzeitung Die Zeit die meisten angemeldeten Waffen unter den kreisfreien Städten - deutscher Rekord.

113 Schusswaffen sind zum Ende des vergangenen Jahres pro 1000 Einwohner im Amberger Ordnungsamt gemeldet, im bundesweiten Ranking folgen Pirmasens (110) und Zweibrücken (93) in Rheinland-Pfalz. 5,5 Millionen gemeldete Schusswaffen gibt es in Deutschland, verteilt auf 1,45 Millionen Besitzer, etwa Sportschützen, Jäger, Sammler oder Sicherheitsunternehmer.

Die Mitarbeiter im Amberger Rathaus sind nach Bekanntwerden der Zahlen vor allem überrascht. Versuche, diesen zweifelhaften Ruhm zu erklären, gibt es viele. Die Antworten fallen aber spärlich aus. Liegt es an den acht Schützenvereinen im Stadtgebiet, an Waffensammlern oder Jägern? "Wir haben auch keine genaue Erklärung für das Phänomen", sagt eine Sprecherin der Stadt. Der Amberger Polizei geht es ebenso, doch die Beamten versichern, dass die Zahl der Waffen sich nicht auf die Sicherheitslage auswirke.

Verantwortungsvolle Bürger

43.000 Menschen leben in Amberg, ob einzelne Bürger einen Großteil der 5000 Waffen horten oder viele Einzelpersonen eine eigene Waffe besitzen, möchte eine Sprecherin lieber nicht sagen. Das Ordnungsamt verzeichne für 2014 sogar weniger Waffen als die Nachforschungen der Zeit ergeben haben. In der Verwaltung versucht man den Rekord positiv zu sehen: Die Bürger wüssten um ihre Verantwortung und meldeten brav ihre Waffen.

Seit 1. Januar 2013 sind deren Daten gemäß EU-Waffenverordnung im Nationalen Waffenregister gespeichert. Bis dahin registrierten 600 lokale Waffenbehörden die unterschiedlichen Fabrikate und deren Besitzer. Nach dem Amoklauf von Winnenden im März 2009 wurde das Waffenrecht verschärft, denn der 17-jährige Täter hatte 15 Menschen und sich selbst mit der großkalibrigen Schusswaffe seines Vaters getötet. Die Pistole war zwar angemeldet, nicht aber im Waffenschrank aufbewahrt worden.

Keine Zahlen zu illegalen Waffen

Die Altersgrenze wurde auf 18 Jahre angehoben, die Behörden dürfen die Aufbewahrung von Waffen stichprobenartig prüfen. Wer Munition und Waffen gemeinsam lagert, begeht nach dem verschärften Gesetz eine Straftat. Das statistische Bundesamt verzeichnet zwar, wie viele Menschen durch Waffengewalt sterben, nicht aber, ob es legale oder illegale Waffen waren. 2013 kamen nach Recherchen der Zeit 27 Menschen durch angemeldete Waffen ums Leben, insgesamt waren es 54 Todesfälle durch Waffengewalt.

Laut Bundesverwaltungsamt ist die Zahl der Waffenerlaubnisinhaber in Bayern seit Winnenden um 32,5 Prozent zurückgegangen. 2013 waren es 247.600 Bürger und gut eine Million angemeldete Schusswaffen in Bayern, 23 Prozent weniger als 2009. Vor allem Besitzer von geerbten und alten Waffen haben ihre Stücke abgegeben, um sich die Anschaffung von Waffenschränken zu sparen. "Von der überwältigenden Mehrheit der legalen Schusswaffenbesitzer geht keinerlei Gefahr aus", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und betonte seine Solidarität mit 150.000 Sportschützen und Jägern sowie deren Beitrag zur Traditionspflege. Etwa 1500 Straftaten werden jährlich im Freistaat mit Schusswaffen begangen, die meisten mit illegalen. Laut Bayerischem Landeskriminalamt gibt es bayernweit jährlich weniger als zehn Straftaten mit legalen Waffen.

Mittelfränkischer Kreis unter den Top 3

Auch bei den Landkreisen ist Bayern mit Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim in Mittelfranken unter den Top 3, nach Lüchow-Dannenberg (186) in Niedersachsen und dem Donnersbergkreis (173) in Rheinland-Pfalz. Dort kommen auf 1000 Einwohner 162 Schusswaffen, danach rangieren der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen (157) und Straubing/Bogen (153). Dass die Gebirgsschützen im Oberland die Wolfratshauser Waffenstatistik in die Höhe treiben, liegt nahe.

Was den Mittelfranken allerdings ihre Spitzenposition beschert, wird erst im Detail deutlich: Unter den 97.400 Bewohnern des Landkreises Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim gibt es 919 Sportschützen, 780 Jäger, 27 Sammler, 874 Altbesitzer, wie Jäger, die ihren Beruf aufgeben, aber die Waffen behalten dürfen, und 533 Inhaber ererbter Waffen. Sie alle besitzen zusammen 15.890 Schusswaffen, wobei Jäger (5268) und Sportschützen (4537) zwei Drittel nutzen. "Ein Grund für die vergleichsweise hohen Zahlen ist nicht erkennbar", teilt ein Landratsamtssprecher mit.

© SZ vom 17.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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