Schreiber-Prozess: Plädoyers:Ab in den Knast

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Für den Augsburger Staatsanwalt steht fest: Karlheinz Schreiber ist der Korruption und Steuerhinterziehung in Millionenhöhe schuldig - darum soll er ins Gefängnis. Der Verteidiger fordert Freispruch.

Die Staatsanwaltschaft hat für den Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber eine Gefängnisstrafe von neuneinhalb Jahren gefordert. Schreiber habe bis 1993 den damaligen Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls mit 3,8 Millionen Mark geschmiert und 14,6 Millionen Mark Steuern hinterzogen, sagte Staatsanwalt Marcus Paintinger am Montag in seinem Plädoyer vor dem Landgericht Augsburg. Die Verteidigung plädierte dagegen auf Freispruch, das Urteil soll am Mittwoch verkündet werden.

Karlheinz Schreiber vor Gericht: Die Staatsanwaltschaft Augsburg fordert neuneinhalb Jahr Haft. (Foto: Foto: ddp)

Die Staatsanwaltschaft warf dem 76-jährigen Schreiber vor, als Vermittler bei der Lieferung von Fuchs-Panzern an Saudi-Arabien sowie von Hubschraubern und Airbus-Flugzeugen an Kanada und Thailand zwischen 1988 und 1993 mehr als 64 Millionen Mark Provision kassiert und über Tarnfirmen und Auslandskonten "vor dem deutschen Fiskus versteckt" zu haben.

Dass Schreiber nur im Auftrag eines inzwischen verstorbenen kanadischen Politikers oder für ungenannte "ominöse Dritte" gehandelt habe, sei eine reine Schutzbehauptung und "blanker Unsinn", sagte der Staatsanwalt.

Schreiber habe "einen hohen Regierungsbeamten in einem bisher nicht bekannten und nicht geahnten Ausmaß geschmiert", zur gigantischen Steuerhinterziehung ein "System Schreiber" aufgebaut, bis heute alles geleugnet und keinen Cent Steuern nachgezahlt. Der größte Teil der 64 Millionen Mark seien "irgendwo in Liechtenstein auf einem Konto seiner Ehefrau Barbara verschwunden".

Die Verteidigung forderte dagegen Freispruch für Schreiber. Die Provisionszahlungen seien Schreiber nicht wirtschaftlich zuzurechnen, argumentierte Anwalt Jan Olaf Leisner am Montag vor dem Augsburger Landgericht. Vielmehr habe dieser die Beträge über seine Konten hauptsächlich an Dritte weitergeschleust. Ob Schreiber die daraus erzielten Einkünfte in Deutschland habe versteuern müssen, zweifelte Leisner an.

Leisner betonte, sein Mandant habe sich für die deutsche Wirtschaft eingesetzt. Durch seine Geschäfte seien "erhebliche Werte" und "Hunderte Arbeitsplätze" geschaffen worden. Das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß lasse "jedes Augenmaß vermissen", auch der Vorwurf der Vorteilsgewährung sei "nicht haltbar".

Der 76-Jährige selbst hat bisher alle Vorwürfe bestritten. Er war nach Aufnahme der Ermittlungen im Jahr 1999 untergetaucht und hatte sich in Kanada bis August 2009 gegen seine Auslieferung gewehrt. Einschließlich 166 Tagen Auslieferungshaft sitzt er damit seit 15 Monaten im Gefängnis.

Der Vorwurf der Beihilfe zur Untreue konnte nicht mehr verfolgt werden, weil dieser Vorwurf in der Auslieferungsgenehmigung der kanadischen Justiz nicht mehr enthalten war. Den Vorwurf der Beihilfe zum Betrug an den saudi-arabischen Panzerkunden ließ die Staatsanwaltschaft während des Prozesses als nicht beweisbar fallen.

Eine Millionen-Spende Schreibers an den CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep im Jahr 1991 war 1999 aufgeflogen und hatte die CDU-Spendenaffäre ausgelöst, die zum Rücktritt von Wolfgang Schäuble vom CDU-Vorsitz und von Helmut Kohl vom CDU-Ehrenvorsitz geführt und den Weg für Angela Merkel freigemacht hatte. Die Spendenaffäre war nicht mehr Gegenstand des Schreiber-Prozesses.

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