Schreiber-Prozess in Augsburg:Zwei Millionen Mark geschenkt - einfach so

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Einblicke in eine Amigo-Beziehung: Ein früherer Thyssen-Manager gibt zu, zwei Millionen Mark vom Lobbyisten Schreiber erhalten zu haben - angeblich ohne Gegenleistung.

Gute Freunde kann niemand trennen, vor allem nicht in der Not. Im Steuerprozess gegen den Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber hat der ehemalige Thyssen-Manager Winfried Haastert den Angeklagten nicht belastet. Haastert sagte vor dem Landgericht Augsburg, er habe von 1988 bis 1993 Zahlungen von knapp zwei Millionen Mark von Schreiber erhalten. Diese seien aber nicht an Gegenleistungen geknüpft gewesen.

"Geldgeschenke ohne Gegenleistung": Der frühere Thyssen-Manager sagte in Augsburg im Schreiber-Prozess aus. (Foto: Foto: Reuters)

Es seien halt Geschenke unter Freunden gewesen, übergeben in bar und ohne große Worte. Es sei zwar anzunehmen, dass Schreiber damit die gute Zusammenarbeit bei Rüstungsprojekten in Kanada und Saudi-Arabien habe fortsetzen wollen. "Gesagt hat er das aber nie."

Das frühere Vorstandsmitglied der Thyssen Industrie AG gab unter anderem an, im November 1991 habe ihm Schreiber in der Schweiz einen Umschlag mit etwa 1,2 Millionen D-Mark (etwa 613 550 Euro) gegeben und habe gesagt, "ich soll mir davon was Schönes kaufen". Die gesamte Summe habe ihm Schreiber in mehreren Beträgen als "guter Freund" gegeben.

Auf die ungläubigen Nachfragen von Gericht und Staatsanwaltschaft antwortete Haastert: "Wenn ich Geld von einem Freund bekomme ohne Gegenleistung, dann war das so, auch wenn Sie es sich nicht vorstellen können."

Richter Rudolf Weigell bezeichnete das als "nicht plausibel" - und hielt Haastert vor, Schreiber Provisionszusagen für Vermittlungstätigkeiten in Millionenhöhe gegeben zu haben. Dies gehe aus Papieren mit seiner Unterschrift hervor. Der Ex-Thyssen-Manager, der selbst wegen Untreue und Steuerhinterziehung rechtskräftig zu einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden ist, sagte zu vielen Fragen des Gerichts, ihm fehle die Erinnerung.

"Ich habe nicht alle Unterlagen, bin ja kein Antiquitätenhändler", sagte der 68-Jährige. Er habe immer wieder Verträge aus der Thyssen-Rechtsabteilung unterzeichnet, wenn diese dem Konzern hohe Gewinne versprochen hätten. Dabei habe er nicht immer genaue Kenntnis über Inhalt oder Vertragspartner gehabt. Richter Weigell machte deutlich, dass es ihn nicht überrasche, dass noch ein Verfahren gegen Haastert wegen Falschaussage anhängig sei.

Die Augsburger Staatsanwaltschaft wirft dem 75-jährigen Schreiber mehrfache Steuerhinterziehung, Beihilfe zum Betrug und zur Untreue sowie Bestechung vor. Von 1988 bis 1993 soll er fast zwölf Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben. Schreiber, eine Schlüsselfigur der CDU-Spendenaffäre der 1990er Jahre, bestreitet die Vorwürfe und sieht sich als Helfer der Politik. Ihm droht eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren.

Schreibers Verteidiger Jan Olaf Leisner sagte, Haastert habe deutlich gemacht, dass sein Mandant geschäftlich in Kanada aktiv gewesen sei. Insofern sei er in diesen Fällen mit Einkünften in Deutschland nicht steuerpflichtig. Zu Prozessbeginn hatten Schreibers Anwälte betont, dass Schmiergeldzahlungen lange Zeit rechtmäßig und steuerlich absetzbar waren.

Als Zeuge sollte am Montag noch der frühere CSU-Politiker und frühere Verteidigungs-Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls aussagen. Er hat schon vor Jahren gestanden, von Schreiber Schmiergeld für Rüstungsgeschäfte angenommen und nicht versteuert zu haben. Dafür wurde er zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.

Im Video: Im Steuerprozess gegen den Rüstungslobbyisten Schreiber haben am Montag der ehemalige Thyssen-Manager Haastert und der frühere CSU-Politiker Pfahls vor dem Augsburger Landgericht ausgesagt.

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