Schillingsfürst:Schuften wie die Ochsen

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Turm, Scheune und Museum lassen das 18. Jahrhundert in Schillingsfürst gut nacherleben. (Foto: Stadt Schillingsfürst)

Das Brunnenhausmuseum erinnert an die Mühsal bei der Wasserversorgung

Von Tim Sauer, Schillingsfürst

In der Stadt Schillingsfürst gibt es ein Fleckchen, das funktioniert wie ein Zeitloch: Plötzlich findet man sich in der Vergangenheit wieder. In einer Epoche, in der deutsche Koryphäen wie Immanuel Kant oder Johann Wolfgang von Goethe das Licht der Welt erblickten, die Französische Revolution noch in den Kinderschuhen steckte, und die Wasserversorgung dort noch mit Mannes-, ach was, mit Ochsenkräften gestemmt wurde.

Anderes Jahrhundert, gleiche Thematik: Der Leitungsbau stellte die Bayern damals vor Probleme. Weil sich das Brunnenhaus und das mit Wasser zu versorgende Schloss auf dem First von Schillingsfürst befinden, ist der Höhenunterschied gering - das Wasser musste mit Fuhrwerken geschleppt werden. Ein Umstand, der mit dem damaligen höfischen Leben nicht vereinbar war. Eine neue Technik musste her. Nach dem Motto "gesagt, getan" errichtete der Nürnberger Brunnenbauer Martin Löhner eine Ochsentretanlage mit Pumpwerk. Auf diese Weise war die Wasserversorgung ohne lästiges Schleppen gewährleistet. Die feine Gesellschaft war nicht länger belästigt durch den Blick auf ihre schuftende Dienerschaft. Hart arbeiten mussten lediglich zwei Ochsen.

Heute, als Besucher des Brunnenhausmuseums, darf man sich probehalber auf die große Scheibe stellen, die im 18. Jahrhundert von besagtem Vieh angetrieben wurde. Ein Stockwerk tiefer findet sich der Maschinenraum. Noch einige Meter weiter beginnt der Aufstieg in den Turm. Schaut man von einem der oberen Stockwerke aus dem Fenster, genießt man einen herrlichen Ausblick über die Landschaft rund um Schillingsfürst.

Doch mittlerweile gibt es mehr zu entdecken als nur die Ochsentretanlage und den Versorgungsturm. Von ähnlich höfischem Treiben, wie es einige hundert Meter weiter üblich war, konnte damals in der Brunnenwärterwohnung zwar keine Rede sein, dafür sind Schlaf- und Wohnstube, Küche, der Stall und das Kinderzimmer heute in ihrer Einfachheit umso liebevoller rekonstruiert. Jeder Raum ist so ausgestattet, wie er das wohl gewesen wäre, würde man sich noch im 18. Jahrhundert befinden. Wie ein Zeitloch das so an sich hat, erinnert nichts an die Epoche, aus der der Besucher eigentlich stammt. Informationen gibt es unter www.brunnenhausmuseum.de.

Auf einen weiteren besonderen Höhepunkt sei noch hingewiesen: die angrenzende Scheune. Dort kann man auf Anfrage Geburtstage, Jubiläen oder andere Anlässe gebührend feiern. Firmen oder Gruppen können die Räumlichkeiten mieten, müssen aber selbst für ihre Verpflegung sorgen. Bewirtet wird hier nicht - genau wie vor 200 Jahren.

Für die Tipps bedanken wir uns bei Ursula Kühn aus Ansbach.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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