Schießerei im Allgäu:Was im vollbesetzten Zug geschah

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Polizisten stehen am Freitag in Kempten vor dem Regionalzug München-Lindau, in dem es zu der blutigen Auseinandersetzung zwischen Polizisten und Fahrgästen gekommen war. (Foto: dpa)

Sie richteten eine Waffe auf die Polizisten, schlugen den einen zusammen und feuerten mit dessen Dienstwaffe auf den anderen. Nach der Schießerei in einem Zug im Allgäu werden immer mehr Details bekannt. Auch die Täter sind nun identifiziert.

Zwei Tage nach der dramatischen Schießerei in einem voll besetzten Zug im Allgäu ist die Identität der beiden Täter geklärt. Bei dem getöteten Mann handelt es sich um einen 20-Jährigen aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck, sagte Richard Thies, der als Vize-Chef des Münchner Mordkommissariats die Ermittlungen leitet, am Sonntag in München. Der Mann wohnte nach SZ-Informationen in Grafrath und war bei dem Versuch, bei hoher Geschwindigkeit aus dem fahrenden Zug zu fliehen, von diesem überrollt worden.

Sein Komplize ist ein 44 Jahre alter Augsburger, er ist wie der 20-Jährige wegen diverser Gewalttaten polizeibekannt und liegt seit Freitag im Koma. "Sein Zustand ist stabil", sagte Thies. Es sei aber nicht sicher, ob der Mann überleben werde. Die Ermittlungen bringen unterdessen immer mehr Details ans Licht.

Wie berichtet, war in der Regionalbahn "Alex" zwischen Kaufbeuren und Kempten am Freitagnachmittag eine Routinekontrolle eskaliert. Zwei Bundespolizisten war aufgefallen, dass der 20-Jährige zur Fahndung ausgeschrieben war. Gegen den Mann lag ein Haftbefehl zur Vollstreckung einer Haftstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten wegen räuberischen Diebstahls vor.

Die Schutzweste hat dem Polizisten wohl das Leben gerettet

Als die Beamten den 20-Jährigen festnehmen wollten, zog dieser plötzlich eine Waffe und schoss - "vermutlich mit einer nicht als solchen erkennbaren Schreckschusspistole". Als die Polizisten aus dem Abteil flüchteten, setzte das Duo nach. Der Ältere schlug einem 57 Jahre alten Beamten mehrfach mit einer Waffe auf den Kopf und fügte ihm drei heftig blutende Platzwunden zu. Dann entriss der 44-Jährige ihm die Dienstwaffe und schoss auf den zweiten Beamten.

Der Polizist erlitt einen Beinschuss, ein zweites Projektil traf die Schutzweste, die ihn vor einer "möglicherweise tödlichen Verletzung" bewahrt habe, so ein Polizeisprecher am Samstag. Der Mann wurde operiert, er muss aber noch einige Tage in der Klinik bleiben. Sein Kollege, der eine Platzwunde am Kopf davontrug, konnte das Krankenhaus bereits wieder verlassen.

Ein zufällig anwesender LKA-Beamter eilte seinen Kollegen am Freitag zur Hilfe und feuerte mit seiner Waffe auf die beiden Täter - er traf den 44-Jährigen in Bein und Arm. Das Duo versuchte anschließend, durch den Sprung aus dem fahrenden Zug zu entkommen. Zu diesem Zeitpunkt war der mit rund 300 Menschen besetzte Regionalzug mit 80 bis 100 Stundenkilometern unterwegs.

Der 44-Jährige sprang aus dem Zug, sein Komplize flüchtete auf der anderen Seite aus der Tür. Der 20-Jährige wurde überrollt und war sofort tot. Der Zugführer eines entgegenkommenden Zuges entdeckte seinen Leichnam und alarmierte die Einsatzkräfte. Der 44-Jährige wurde später an einer Böschung gefunden und war nicht mehr ansprechbar.

In dem Regionalzug kam es nach Zeugenaussagen angesichts des dramatischen Geschehens zu panikartigen Situationen. Der LKA-Mann habe die Fahrgäste über Lautsprecher aufgefordert, sich im hinteren Zugteil in Sicherheit zu bringen, schilderte ein Augenzeuge der Allgäuer Zeitung. Als der Zug bei Günzach zum Stehen kam, flüchteten fünf Fahrgäste in einen nahe gelegenen Wald.

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