Samerberg:Bauer soll Betonstadl abreißen

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Klotz in der Landschaft: der Rohbau des umstrittenen Stadels am Samerberg. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Landwirt Höß will einen Stadl aus Beton bauen.
  • Zunächst ist dies kein Problem - als Landwirt braucht er dafür keine besondere Genehmigung.
  • Das sehen einige Behörden nun aber anders.

Von Matthias Köpf, Samerberg

Wenn Josef Höß sich aufregen muss in seinem Stadel, dann hallt seine Wut von den kalten Wänden wider. Höß ist Bauer, das hat ihm das Landwirtschaftsamt ausdrücklich so bestätigt. Und als Bauer brauche er eben keine Baugenehmigung, wenn er für seine landwirtschaftlichen Zwecke einen Stadel auf seine Wiese stellen will.

So sieht es das Baurecht vor, und so sieht Höß es auch. Dass andere das anders sehen und ihm das Landratsamt Rosenheim eine Verfügung geschickt hat, seinen Stadel noch als Rohbau wieder abzureißen, mag Höß nicht hinnehmen. Allzu einfach würde der Abriss auch nicht werden, denn der Stadel ist von der Bodenplatte bis unters Dach, zu dem Josef Höß gar nicht mehr gekommen ist, komplett aus Beton.

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Die fünf kleinen Fenster mit dem Isolierglas habe der Maurer anderswo übrig gehabt und ihm für einen Hunderter extra eingebaut. Solle man das ablehnen? Doch die Fenster und der viele Beton und die Lage mitten in den malerischen Kuppen des Samerbergs nähren bei manchen das Misstrauen. Drüben von der Hochries sieht man den Stadel nicht, da stehen große Fichten im Weg, und von der Aussichtskapelle an der Luitpoldeiche, wo man einen weiten Blick ins Inntal und auf den Simssee hat, ist er auch nicht zu sehen. Doch die Straße von dort nach Steinkirchen dominiert der Rohbau wie eine Bastion.

Warum sich der Bürgermeister gegen den Stadl wehrt

Was, wenn am Samerberg jetzt jeder Bauer so bauen will wie Josef Höß? Am Ende direkt neben die Aussichtskapelle? Solche Fragen stellt der Samerberger Bürgermeister Georg Huber in seinem Rathaus in Törwang. Er hat sich neulich genötigt gesehen, dem Betonstadel in der Bürgerversammlung einige Ausführungen zu widmen. Um den Bürgern zu sagen, was geht und was nicht, erläutert Huber. Und der Stadel von Josef Höß aus der Nachbarkommune Rohrdorf, der gehe nicht. "Es darf nicht angehen, dass unter dem Deckmantel der landwirtschaftlichen Privilegierung unsere Landschaft so dramatisch zubetoniert wird. Solche Leute erweisen der Landwirtschaft einen Bärendienst", lauten die letzten Sätze dazu in Hubers Manuskript.

Huber sieht das Recht auf seiner Seite, gesprochen vom Verwaltungsgericht München. Das hat nach einem Ortstermin im September die Abriss-Anordnung bestätigt, womit laut Landratsamt alles gesagt ist. Ansonsten warte man ab, ob der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zulasse. Josef Höß will nämlich auf gar keinen Fall nachgeben: "Ich kann nicht rückwärts, sonst gibt's mich nimmer." Schuld seien sowieso nur die wankelmütigen Behörden.

Denn Höß sagt, er habe immer alles mit allen abgesprochen - auch mit dem Bürgermeister, obwohl ein privilegiertes Bauvorhaben die Gemeinde gar nichts angehe. Den Standort habe man gemeinsam weg von der Linde am Wanderweg nach unten zur Straße verschoben. Um das amtliche Einverständnis belegen, hat Höß viele Dokumente in seinem Ordner gesammelt. Erst als der gar nicht zuständige Gemeinderat mit neun zu null gegen den Stadel gestimmt habe, hätten die Behörden auf einmal Schwierigkeiten gemacht. Huber sagt, dass Höß ganz anders und viel massiver gebaut habe, als es besprochen gewesen sei.

Josef Höß ist sauer. Denn sein Zweckbau ist noch gar nicht fertig. Er hätte ihn mit Holz verkleiden wollen, damit er aussieht wie alle anderen Stadel. (Foto: Stephan Rumpf)

Warum Höß so gebaut hat

Dabei will Höß nach eigenen Worten auf 700 Metern Höhe eben schneefest und zukunftssicher bauen und der nächsten Generation "kein Graffel" hinterlassen. Mit dem Frontlader müsse man schon hineinfahren können, und die Kühe und Kälber bräuchten es windgeschützt und trocken. Den Bauernverband weiß er hinter sich, auch dazu hat er ein Schreiben. Und was er wohl sonst mit dem Stadel wollen sollte, könne sowieso keiner erklären. Jedenfalls werde es kein "Event-Stadel", wie es rundum gerade genug gebe, ohne dass das die Gemeinde störe. "Teilweise kommen über den Winter die Lampions gar nicht mehr runter."

Seine 18 Stück Vieh stehen im Stall im Rohrdorfer Ortskern. Als Milchbauer hat Höß vor 15 Jahren aufgehört, seine Wiesen mitten im Dorf sind längst lukrativ bebaut, wie die der anderen auch. Aber dass er mit seiner Mutterkuhhaltung immer noch ein Landwirt mit Bauprivileg ist, hat Höß ja schriftlich. Da werde sogar geprüft, ob alle Bolzen und Kupplungen zusammenpassen, denn mancher leihe sich die Maschinen bloß aus, um nur ja als Bauer zu gelten.

Doch das Verwaltungsgericht hält Höß laut seinem Urteil zumindest im Hinblick auf den Stadel nicht für einen "vernünftigen Landwirt". Ein solcher hätte demnach seinen Stadel besser in die schützenswerte Landschaft integriert. Vor allem aber hätte er - wie allgemein üblich - nur einen halben Meter Wand betoniert. Und den Rest aus Holz gebaut. Damit hätte Höß seinen Stadel nur außen verkleiden wollen, wie er sagt. "Und dann hätt' ihn kein Mensch von einem hölzernen unterscheiden können."

© SZ vom 11.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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