Rauchverbot:Rauchen aus allen Schlupflöchern

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Alle kritisieren das neue Gesetz, nur der Gesundheitsminister spricht von einem "Riesenfortschritt". Jetzt ziehen Gegner und Befürworter vor Bayerns höchstes Gericht.

Stefan Mayr und Katja Auer

Seit 100 Tagen wird in der Memminger Kellerkneipe "Treff" eine höchst erfolgreiche Komödie aufgeführt. Zwar ohne Namen, aber mit einem klar definierten Inhalt: Es wird genüsslich geraucht. "Der Umsatz ist um etwa 20 Prozent gestiegen", sagt Treff-Impresario Robert Manz. Er ist einer von vielen bayerischen Wirten, die das Rauchverbot mehr oder weniger legal umgehen. Manz argumentiert mit der Kunstfreiheit. Auf Theaterbühnen ist das Rauchen weiter erlaubt, und so hat der Wirt seine Kneipe zu einer solchen erklärt. Darsteller sind die Gäste, die die Zeit vor dem Rauchverbot nachspielen.

Immer mehr Wirte im Freistaat versuchen, das Rauchverbot mehr oder weniger legal zu umgehen (Foto: Foto: AP)

Die Stadt Memmingen hat inzwischen mit einem Bußgeldbescheid gedroht, doch auf diesen wartet Manz bislang vergeblich. "Ich möchte diesen Bescheid ja endlich bekommen, damit ich juristisch dagegen vorgehen kann", sagt der 43-Jährige. Sein erklärtes Ziel ist es, vor Gericht "die Verfassungswidrigkeit" des Gesetzes feststellen zu lassen.

"Entweder es kippt das Gesetz, oder es kippt meine Kneipe", sagt der Wirt. Memmingens Oberbürgermeister Ivo Holzinger (SPD) tut sich schwer mit der Schmauch-Schmonzette. "Wir prüfen derzeit, ob ein Umgehungstatbestand vorliegt", sagt er - nicht ohne den Hinweis, dass er der "sehr originellen Idee keine beschleunigte Bedeutung" zumesse.

Holzinger kritisiert als Jurist und Vorsitzender des Rechts- und Verwaltungsausschusses des Städtetags die Vollzugshinweise des Gesundheitsministeriums: "Die gehen an der Realität vorbei und müssen geändert werden." Außerdem bezweifelt er, dass das Gesetz vor dem Verfassungsgericht standhalten werde.

Eine höchstrichterliche Überprüfung wird in Kürze erfolgen: Der Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur (VEBWK) kündigt für nächste Woche eine Klage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof an. "Ich bin für den Nichtraucherschutz, aber das Gesetz schießt weit über das Ziel hinaus", sagt der Vorsitzende Franz Bergmüller aus Feldkirchen-Westerham.

Die 63.000 Mitglieder seines Vereins haben für zwölf Euro Jahresbeitrag Zutritt zu allen "Vereinstreffen" in den Wirtshäusern, deren Inhaber das Rauchen weiterhin erlauben. 2000 solcher Clubs zählt der Verein in Bayern. Dazu kommen unzählige Lokale, die unabhängig vom VEBWK "geschlossene Gesellschaften" ausrufen, in denen Zigaretten ebenfalls geduldet werden.

Gegen dieses Vorgehen wehren sich nun die Nichtraucher. Die Nichtraucher-Initiative München reichte Anfang der Woche eine Popularklage beim Verfassungsgerichtshof ein, um die Ausnahmeregelung für geschlossene Gesellschaften abzuschaffen.

Auch der Hotel- und Gaststättenverband pocht auf Gleichberechtigung. Präsidiumsmitglied Willi Sauerhering wäre eine freiwillige Lösung immer noch am liebsten, und wenn es schon ein Gesetz geben müsse, dann dürfe das nicht zu Wettbewerbsnachteilen für manche Wirte führen. "So wie es jetzt ist, darf es sich nicht einpendeln", sagt er. Besonders wenn bald die Festsaison losgehe, müssten die Wirte gegen Festzelte konkurrieren, in denen wegen der jüngsten Ausnahmeregelung weiter geraucht werden darf.

Gesundheitsminister Otmar Bernhard bezeichnet das Gesetz trotz aller Widerstände als "Riesenfortschritt für den Nichtraucherschutz". Die Probleme im Vollzug des Gesetzes sind ihm bewusst, und Bernhard vertraut darauf, dass die Behörden die Raucherclubs künftig stärker überprüfen werden.

Auch CSU-Fraktionschef Georg Schmid plädiert dafür, "dass die Regularien eingehalten werden". Das Gesetz müsse so vollzogen werden, wie es "von allen Parteien im Landtag beschlossen wurde". Die Opposition dagegen zweifelt weiter am Rauchverbot in der jetzigen Form. "Das ist das einzige Gesetz, bei dem die Regierung dazu aufruft, es nicht zu befolgen", sagt die Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause.

Die Grünen hätten bereits im Dezember davor gewarnt, dass die geschlossenen Gesellschaften "zum Einfallstor" für eine Umgehung des Rauchverbots werden könnten. SPD-Fraktionschef Franz Maget bezeichnet die Nichtraucher-Initiative der CSU als "gnadenlos gescheitert".

© SZ vom 12.04.2008/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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