Prozess in Ingolstadt:Landwirt wollte Eltern töten

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Lange Haftstrafe für 53-Jährigen nach Mordversuch mit Rattengift

Von Hans Holzhaider

Ingolstadt - Wegen versuchten Mordes in zwei Fällen hat das Landgericht Ingolstadt den 53-jährigen Landwirt Friedrich P. aus Wettstetten (Landkreis Eichstätt) zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. "Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte versucht hat, seine Eltern mit Rattengift zu töten", sagte der Vorsitzende Richter Jochen Bösl bei der Urteilsverkündung am Freitag. Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre Haft gefordert.

Die heute 77 und 81 Jahre alten Eltern des Angeklagten waren im Dezember 2016 von ihrem Hausarzt wegen akuter Vergiftungssymptome ins Regensburger Universitätsklinikum eingewiesen worden. Dort stellten die Ärzte fest, dass die Blutgerinnungsfähigkeit der Eheleute praktisch gleich Null war. "Die Patienten waren in einer lebensbedrohlichen Situation", sagte ein Arzt aus. Man habe in ihrem Blut eine potenziell tödliche Konzentration des Wirkstoffs Brodifacoum entdeckt, einem hochwirksamen Rattengift. Bei der Auswertung des Computers des Angeklagten fand die Polizei E-Mails, mit denen Friedrich P. bei chinesischen Herstellern Brodifacoum bestellt hatte.

Dass er das Gift bestellt hatte, bestritt Friedrich P. nicht. Er habe gelesen, dass Brodifacoum auch zu Dopingzwecken benutzt werde, und sei neugierig gewesen, ob man das so einfach durch den Zoll bringen könne, ließ er von seinen Verteidigern vortragen. Er habe das Gift sofort nach Erhalt in der Mülltonne entsorgt.

"Da hat er uns angelogen", sagte der Vorsitzende Richter. Es gebe keine Berichte über Doping mit Brodifacoum. Und selbst wenn - warum hätte Friedrich P. eine zweite Bestellung aufgeben sollen, nachdem die erste schon ausgeliefert war? "Das ist alles ziemlich hanebüchen", sagte Bösl. Es gebe keinen plausiblen Grund für die Bestellung, wenn nicht die geplante Vergiftung der Eltern. Dazu sei das in Reinform geruch- und geschmacklose Brodifacoum perfekt geeignet, während das in Deutschland erhältliche Rattengift mit Bitterstoffen versetzt und deshalb ungenießbar sei. Der vom Angeklagten geäußerte Verdacht, seine Schwester könne die Täterin sein, sei "offenkundiger Unsinn", sagte der Richter.

Das Motiv für den zweifachen Mordversuch sieht das Gericht im familiären Bereich. Das vom Angeklagten behauptete liebevolle Verhältnis zu den Eltern sei "durch die Beweisaufnahme eindeutig widerlegt", sagte Bösl. Mehrere Zeuginnen, die kürzer oder länger mit P. zusammengelebt hatten, berichteten, er und die Eltern hätten so gut wie nicht miteinander gesprochen. Fast täglich aber seien Briefe unter der Tür durchgeschoben worden, die Mutter habe ihm Vorhaltungen wegen seines Umgangs mit Geld und seiner "Weibergeschichten" gemacht. "Er wollte ein Leben nach seiner Fasson führen und nicht ständig der Kontrolle der Eltern unterliegen", sagte der Vorsitzende. Das Mordmerkmal der Heimtücke liege auf der Hand, die von der Staatsanwaltschaft angenommene Habgier sei "möglich, aber nicht sicher". Deshalb sei eine Freiheitsstrafe von neuneinhalb Jahren ausreichend.

© SZ vom 03.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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