Prozess gegen 30-Jährigen:Altenpfleger beklaut Senioren

Lesezeit: 2 min

Er wollte seine neue Freundin mit Geschenken beeindrucken: Ein Altenpfleger im Raum Garmisch-Partenkirchen hat eiskalt hilflose Senioren um insgesamt 135.000 Euro erleichtert. Die Geschädigten lagen derweil bewegungsunfähig im Bett. Nun steht der Mann in München vor Gericht.

Christian Rost

Ein Altenpflegehelfer hat seine Vertrauensstellung ausgenutzt und 22-mal Senioren im Raum Garmisch-Partenkirchen bestohlen. Bei Hausbesuchen für einen ambulanten Pflegedienst und auch während seiner Tätigkeit in einem Altenheim griff er sich unbemerkt Bargeld und Schmuck seiner Opfer und richtete damit einen Schaden von mehr als 135.000 Euro an. Zum Prozessauftakt am Dienstag am Landgericht München II legte Michael H. ein Geständnis ab. Als Motiv gab der 30-Jährige Schulden an. Auch habe er seine damalige Freundin mit Geschenken beeindrucken wollen.

Oftmals hilflos im Altenheim: bettlägerige Senioren. (Foto: dapd)

Michael H. stammt aus Mecklenburg-Vorpommern. In seiner Freizeit beschäftigt er sich vorwiegend mit elektronischen Geräten. Zum "Entspannen" schaltet er gern seinen Flachbildfernseher ein, beschäftigt sich mit seinem Computer oder einer Spielekonsole. Und er lässt sich leicht zum Kauf verführen, wenn irgendwelche neuen Tablet-Computer oder Digitalkameras auf den Markt kommen.

Als der Angeklagte 2010 nach Bayern zog, um einen Job bei einem ambulanten Pflegedienst in Farchant anzutreten, brachte er bereits 20 000 Euro Schulden mit. Er hatte fleißig beim Otto- und Quelleversand bestellt und die Rechnungen nicht bezahlt. 240 Euro stotterte er monatlich bei seinen Gläubigern ab, bei 1100 Euro Nettoverdienst blieb ihm nach Abzug der Miete nicht mehr viel für Vergnügungen übrig. Trotzdem bestellte H. weiter im Versandhandel, und er verliebte sich in eine Kollegin: "Ich wollte die Frau beeindrucken, hatte aber kein Geld", erklärt H. seinen Entschluss, bei pflegebedürftigen Personen schamlos zu stehlen.

Die Hemmschwelle lag wohl nicht mehr allzu hoch, schließlich ist H. bereits wegen Diebstählen in einem Kaufhaus und einem Baumarkt vorbestraft. Seine neuen Taten erreichten aber hinsichtlich der Dreistigkeit und des Werts der Beute eine völlig neue Dimension. Eiskalt nutzte der Pfleger die Hilflosigkeit seiner Opfer aus, um in deren Wohnungen nach Wertgegenständen zu suchen. Die Geschädigten lagen derweil bewegungsunfähig im Bett, aßen zu Mittag oder konnten mit ihrem Rollator gar nicht folgen, wenn der Pfleger Schubladen durchwühlte. "Das war das Dümmste, was ich je gemacht habe", sagte H.

Hauptgeschädigte ist eine 89 Jahre alte Frau aus Garmisch, deren Safe der Angeklagte von Juli bis Oktober 2010 nach und nach ausräumte. 10.000 Euro Bargeld und Schmuck im Wert von 100.000 Euro fielen ihm in die Hände. Die Uhren der Marken Rolex und Omega, die mit Brillanten und Perlen besetzten Goldringe und Armreife setzte er bei Schmuckhändlern in der Umgebung und in München ab. Mehr als ein paar tausend Euro erhielt er allerdings nicht für das Diebesgut. Auch den Schmuck aus den Wohnungen seiner anderen Opfer verkaufte er billig. Mit dem Erlös zahlte er Schulden ab, schenkte seiner Freundin einen Hund und deren siebenjährigen Sohn einen Flachbildfernseher.

Nach einer Anzeige eines der Opfer flog H. auf. Die Polizei stellte noch etwa drei Viertel der Beute bei den Schmuckhändlern sicher. Die Taten können H. aber dennoch teuer zu stehen kommen. Wie aus Justizkreisen verlautete, will die Staatsanwaltschaft bis zu acht Jahre Haft für Michael H. fordern.

© SZ vom 08.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: