Plädoyer für die Wampe:Rettet den Ranzen!

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Lange Zeit war die Wampe ein Signum der Macht. Wenn man sich all die hageren Parteibürscherl von heute anschaut, ist es kein Wunder, dass die Politik nicht mal mehr einen Konzertsaal zustande bringt.

Glosse von Hans Kratzer

Die bayerische Staatsregierung quält sich ewig und drei Tage mit Stromtrassen und Konzertsälen herum, früher hätte sie das an einem Tag erledigt. Da hockten stämmige Mannsbilder am Kabinettstisch, die einmal kurz ihre Stiernacken reckten, und schon lief die Demokratie wie geschmiert.

Und heute? Dass es dem Kabinett an Gwamperten und Blutwurstgesichtern mangelt, ist unübersehbar. Zwar neigen manche Minister durchaus zur Korpulenz. Allerdings wirken ihre Vorwölbungen geradezu lächerlich im Vergleich zum Speckvolumen jener Staatsmänner, die Bayern groß und erfolgreich gemacht haben. Einer wie Franz Josef Strauß hat seinen Ranzen wie ein Staatssymbol vor sich hergetragen.

Heim zur Mami

Vor 200 Jahren wurde Europa beim Wiener Kongress neu geordnet. Diese Aufgabe war noch komplizierter als die aktuelle Krise in Griechenland. Auf dem Wiener Kongress wären die hageren Parteibürscherl von heute heim zur Mami geschickt worden. Das Sagen hatten die Dicken und Genusssüchtigen.

Bayernkönig Max I. Joseph, ein Außenseiter, schaffte das Kunststück, den Kongress als Sieger zu verlassen. Beobachter sagten über ihn, er verbinde das Aussehen eines Bauern mit der Leibesfülle eines Fürsten. Durchsetzungsstark war auch Friedrich I., der König von Württemberg. Er war so fett, dass ein Gast dachte, er habe ein Schwein in einer Kutsche vorbeifahren sehen.

Lange Zeit war die Wampe ein Signum der Macht und des Wohlstands. Sie zierte Wiesnwirte, Großbauern und Fabrikbesitzer, ein Saumagen-Mampfer wurde sogar Bundeskanzler. Warnungen von Leib-Skeptikern, dickbauchige Bierschläuche wie Martin Luther seien nicht ins Paradies aufgenommen worden, weil ihre Wänste nicht durch die Himmelspforte gepasst haben, verhallten ungehört.

Vom Joggingwahn befallen

Doch dann wurde ein wamperter Außenminister mit dem gleichen Nachnamen wie der dicke Ottfried Fischer vom Joggingwahn befallen. Nun begann auch in der Politik die Ära des Waschbrettbauchs. Sogar dem Bürgermeister wurde daheim gedroht: "Da hast an Knödl und a Kraut, d'Sau kannst dir denka."

Gut, dass König Ludwig II. das nicht mehr erlebt hat, auch er ein Schmerbäuchiger vor dem Herrn. Aber er hat viel gebaut, mit ihm besäße München heute zehn Konzertsäle. Bayern stagniert, es braucht wamperte Herrscher und schlagkräftige Politik aus dem Geist der Schweinshaxe!

© SZ vom 14.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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